Stigmatisierung von "Prostitution"

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Freeyourgender
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Stigmatisierung von "Prostitution"

Beitrag von Freeyourgender » 14 Mär 2015, 16:26

Die Selbstbestimmung eines Menschen, ob er seinen Körper verkauft,
oder wie auch immer kommerziell gewinnbringend vermarktet muss souverän und uneingeschränkt sein.

Dass er seinen Körper am Flließband in der Fabrik genauso verkauft,
oder die Krankenschwester oder Krankenpfleger,
die einem Patienten die Hand hält, ist unstrittig.

In Beiden Fällen wird Zeit, Körper und Geist, auch Liebe zu der Tätigkeit investiert.
Falls ich in der Fabrik keine Liebe an der Arbeit habe, werde ich auf Dauer
chronisch krank - > burn out.

Mein Vergleich ist provokativ, er hat aber das Ziel herauszuarbeiten,
wo körperliche Arbeit anfängt und aufhört.

Hier eine Grenze zu ziehen ist nicht möglich.

Oh - ja - Sex. Natürlich.
Das ist ja was schlimmes.
Unmoralisch.

Das die gesamte Werbebranche nach der Formel "sex sells" agiert,
ist aber ehrenvoll - Hier geht es ja nicht um Sex nicht wahr ?
Das fängt schon bei den Titelbildern am Zeitungskiosk an
und hört in der Fernsehwerbung abends auf.

Ah - körperlicher Sex ist gemeint... Verkehr ! oh !
gegen Geld schlimm schlimm...

Die Ehefrau, oder Partnerin, die ihren Mann mit Liebesentzug abstraft,
weil er nicht endlich den Seychellen-Urlaub realisiert -
verkauft sich nicht ?
Oder die Geliebte, die fragt, was er für eine Automarke fährt ?
Ober ihm die Wohnung selbst gehört ?

Der Aspekt, dass hier kein Geld fließen darf für Sex,
streiche ich dann hiermit aus der Formel:
Sex für Geld = unmoralisch

dann bleibt noch übrig, dass Sex per se unmoralisch ist,
nur zur Reproduktion... ist er erlaubt >
dann sind wir bei religiösen Regelwerken.
Religion ist (meist) eine Männerdomäne und frauenfeindlich.
Vergewaltigung in der Ehe war in Deutschland bis 1997 legitim.
Ah... - Sex für Männer ist nicht unmoralisch.
Nur die Frau darf keinen Spaß haben. Ahja.
Desshalb müssen wir ihr auch den Kitzler abschneiden,
wie im Jahr 2015 tatsächlich noch üblich.
Ah - dass ist in Afrika - naja - dass ist ja weit weg.
Das übersehen wir einfach und regen uns über Nutten auf,
die das ja freiwillig tun, und auch noch Spaß haben könnten >
geht gar nicht.

Verlassen wir Rituale und Religion, bleibt das (meist)
in Religionen enthaltene Patriarchat übrig.
Ja - das Patriarchat ist autark geworden, es braucht keine Religion mehr.
Das Konstrukt demokratische Männerpolitik, bevor Frauen beteiligt wurden
ersetzte religiöse Alibis, um Frauen zu unterdrücken.
Der Code Civil befreite 1804 nur die Männer als freie Bürger.
Frauen waren in diesem Pamphlet nicht berücksichtigt.
Sie waren weiterhin vogelfrei, erst durch Heirat wurden sie zu Menschen,
Korrektur: Bekamen sie einen Sklavenhalter.
Vorher war es der Vater der die Allmacht über sie besaß.

Die Ächtung der Prostitution ist dem Patriarchat geschuldet.
Das Erkennen wir sofort immer dann,
wenn wir den religiösen Alibi-Aspekt aus der Betrachtung entfernen:

Zoomen wir in die Viktorianische und Wilhelminische Epoche,
2. Hälfte des 19 Jhd.
Erst, wenn die Frau diente, war sie "ehrenhaft".
Vorher, als "Fräulein", war sie nichts.
Keine Recht, kein Status. Bildung bekam sie sowieso nur in dem Umfang,
um zu lernen wie man kocht und putzt und wäscht.
Wenn es ihr passierte, dass sie ohne Sklavenhalter (Ehemann) ein Kind austrug,
konnte es ihr passieren, dass sie im Zuchthaus landete.
Alleinerziehende waren genauso "störend" für das bigotte Volk wie Bettler, Kranke,
Behinderte.... Sowas wollte man auf den Straßen nicht sehen.
Heute reden wir über Rotlichtbezirke, dass ist ganz und gar dasselbe:
Etwas was ich nicht haben willl grenze ich aus.
Meist wird ein Alibi vorangestellt, in dem das Wort "Schutz" vorkommt.


Eine Frau die nicht dem Mann "gehört",
ihren Körper für sich selbst "nutzt", als Prostituierte,
ist somit automatisch eine Deserteurin, Rebellin, Meuterin.
Wem das "in" sonderbar vorkommt bei diesen Wortbildungen:
Du bist noch das generische Maskulinum gewohnt,
auch ein Werkzeug des Patriarchat, die Frau auszublenden.

Zurück zum Sex:

Ein Mann hat gerne Sex. Ja klar - ist ja auch in seinem "Naturell". nicht wahr ?
Er kann damit sogar prahlen und erhält Anerkennung unter seinesgleichen:
Casanova, Schürzenjäger....
"Tut" die Frau das Gleiche ist sie eine Schlampe, Hure, ein "Frauenzimmer".

Arthur Schnitzlers "Reigen" outete diese Doppelmoral vor breitem Publikum 1920
Die Uraufführung selbst im damals modernen Berlin: Sie ging als Skandal in die Theatergeschichte ein.
Die erste lesbische Zeitung "die Freundin", es sollten ja auch noch 4 Jahre vergehen bis sie erschien.

Reigen: bei Min 6:30


""Sag doch bitte nicht Frauen - Frau bist Du !""

Damit meinte er, dass die Frauen, die er vor ihr hatte,
vor seiner Ehe, keine "Frauen" gewesen wären.

Das Patriarchat muß die Prostitution moralisch abgrenzen,
um die Frau im Käfig der Moral zu halten.

Frauen führen immer durch ihre sexuelle Macht bedingt,
und bedingt durch die Geilheit des Mannes,
der immerwährende Trieb
nur das Patriarchat konnte dieses Ungleichgewicht aufhalten,
die Rache des schwächeren Mannes.

Wir brauchen keine Gesetze,
die Prostitution reguliert,
und die Selbstbestimmung der Frauen einschränkt.

Wir brauchen eine Gesellschaft,
in der Menschen selbstbestimmt leben können,
Frauen nicht mehr unterdrückt werden von Männern.
Freiheit.

Menschen Freude zu schenken, ist nichts negatives.
Daraus ein Gewerbe zu machen, ebensowenig.

Wenn du Freude gehabt hast, an meinem Text,
darfst Du mich Prostituierte nennen,
wenn Du diese ächten möchtest,
ansonsten nenn mich einfach Jasmin.



Dieser Artikel war eine Reflektion auf Antje Schrupp`s Blogpost vom 14. März 2015 auf fischundfleisch.at
https://www.fischundfleisch.at/blogs/je ... ution.html



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