Bettler des 3. Geschlechts...

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JasminRheinhessen
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Bettler des 3. Geschlechts...

Beitrag von JasminRheinhessen » 10 Jan 2015, 12:44

Unterstellt, dass es sich bei falsch zugewiesenen Frauen und Männern um eine Variante von Intersexualität handelt,
da man davon ausgehen kann, dass das Gehirngeschlecht, das geschlechtsbestimmende Organ ist,
und das eine Abweichung des Gehirngeschlechts vom Körper, z.B. von den Genitalien, eine IS-Variante hervorbringt,
kann man sagen, dass Transsexualität(SIC!), eine Variaten von Intersexualität ist.

Aber selbst wenn wir beide Dinge, IS und TS, in ihren von der Gesellschaft geschaffenen Schubläden belassen,
haben beide das gleiche Problem:
Sie sind Fremdkörper in der Gesellschaft, und zwar von der Seite der Gesellschaft,
die diese nicht "sehen" will - nicht haben will.

Wenn man etwas nicht sehen, nicht anerkennen will, wird es falsch dargestellt, tabuisiert, pathologisiert.

Somit ist es nicht mehr in der Form existent, sondern in der Form, wie derjenige es gerne hätte.

Auf jeden Fall nicht in einer Form, die gleichwertig mit der Form ist, die derjenige hat, der "seine" Form,
seine Wertmaßstäbe, seine Moral, als "richtig und normal" stilisiert und damit favorisiert, immer seine eigene.

Die "andersartige"
http://www.freeyourgender.de/forum/viewforum.php?f=62
Form ist die, die unterdrückt, ausgegrenzt und diskriminiert werden muss, soll und wird.

Die Kräfte in der Gesellschaft sind vielschichtig, die in die Richtung der Diskriminierung drücken:
religiös motivierte, neben patriarchisch motivierten, homophob und transphob motivierte, oder alles gemischt.

Es gibt auch gesellschaftliche Anteile die nicht diskriminieren, aber diese verhalten sich neutral, sie fördern die TS und IS nicht.

Bleibt also ein Übergewicht in die Richtung der Unterdrückung.

Diejenigen, die bisher ohne Meinung waren, werden noch mit Klischees und verzerrten Darstellungen von den Medien überschüttet
und eher zu einer Abwehrhaltung als zu einer Befürwortung und integrativen Haltung animiert.

Und ja - es ist kein Geschenk, von jemanden als krank stilisiert zu werden, um ihm einen Platz in der Gesellschaft zu bereiten.

Auf diese Zwangspathologisierung kann der geneigte TS und IS Aspirant aber nicht verzichten, will er sich integriert wissen.

Und nein - er wird nicht als 3. Geschlecht oder als eigenständiges Wesen integriert, sondern als krankes.

Mit oder ohne "TS"(SIC!)-Gutachten, als abweichend, "andersartig" in der Gesellschaft diskreditiert und abqualifiziert wahrgenommen.

Und was krank ist, kann theoretisch auch therapiert werden, und ja - wir finden diesen Denkansatz in vielen Schriften als Begründung
zur gaOP, gaOP als Therapiemaßnahme, als Begründung der Krankenkassen Leistungen bereitzustellen.

Und wieder haben wir die Fremdzuweisung, die Ächtung, die Verleugnung eines vorhandenen Identitätsgeschlechtes,
basierend auf einem souveränen Gehirngesschlecht. Souverän weil geschlechtsbestimmend.
Denn mit dem Penis oder Vagina denkt kein Mensch, sondern mit dem Gehirn. Mit ihm fühlt er, mit ihm identifiziert er sich in der Gesellschaft als weibliches oder männliches Wesen, und das unabhängig seiner Genitalien. Das leben uns die IS vor,
bei denen dieser Sachverhalt sichtbar ist. Und weil er bei IS so sichtbar ist, wie nirgendwo, werden diese möglichst schon als Baby
"korrigiert", damit das sichtbare nicht "auffällt". Die Tatsache, dass die Genitalien nicht das Geschlecht machen,
wenn wir uns über Identitätsgeschlechter unterhalten.

Das Zuchthaus wird nicht benötigt, es ist unterschwellig immer dort, wo diskriminiert, geleugnet und falsch zugewiesen wird.

Eine andauernde Erziehung, Züchtigung und ein sich ständig vergegenwärtigen müssen: Du bist anders.

Und ja - IS und "TS"(SIC!)-Aspirant ist absichtlich so formuliert, Menschen werden erst zu TS und IS definiert und gemacht.

Sie sind aber Individuen, unique und bedürfen keine Schubläden, sie sind das 4-blättrige Kleeblatt,
dass in einer offenen unvernormten Struktur seine Daseinsberechtigung hat, und nicht als gestört gesehen,
sondern als etwas Besonderes im Sinne von selten, in einer Welt, und Gesellschaft, die Varianten zulässt.

Die Motivationen, "TS"(SIC") und IS zu tabuisieren, pathologisieren und auszugrenzen sind hier nur kurz angerissen,
die Motivationen sollen nicht der Hauptgegenstand dieses Artikels sein, denn das Diskriminierung in Gesellschaften stattfindet ist unstrittig,
wenn wir in den heutigen Tagen nach Russland schauen.
Ich möchte mit diesem Artikel einen kleinen Gedankenbogen schlagen, zur Vergangenheit,
wie die Gesellschaft es in einer Art Automatismus zu handhaben scheint, Menschen die sie nicht sehen will, auszugrenzen,
und zwar an einem Beispiel aus den Anfängen des 17 Jhrd. bis weit in das 20 Jhrd., am Beispiel der Zuchthäuser.

Auf dieses Beispiel bezieht sich auch meine Titelzeile.

Zuchthäuser waren keine Gefängnisse im eigentlichen Sinne, sondern es waren "soziale Einrichtungen",
in denen Insassen verschiedener Coleur "therapiert" wurden, und zwar ohne richterlichen Beschluss.
Jeder "normale" Bürger konnte dies veranlassen.
Angefangen in Holland, dann Deutschland, England, waren Zuchthäuser besonders beliebt,
Menschen aus dem bürgerlichen Bild zu entfernen, die man nicht "sehen" wollte. Oder die nicht das machten, was erwartet wurde.

Der Bauer der seine Magd ins Zuchthaus bringt, für die Unterbringung sogar noch bezahlt, weil sie nicht arbeitswillig genug war,
und sie nach einem Jahr geschunden wieder abholt.
Prostitiuerte, Kranke, angeblich Verrückte, Dahinsiechende, Frauen die keinen Mann hatten, also "herrenlose" Frauen, Bettler, Arme,
Menschen die sich auf vermeintlich "unehrenhafte" Weise Geld verdient hatten, nicht selten waren es Konkurrenten eines Mächtigeren,
Kinder die von den Eltern hingebracht wurden, Verstossene oder Waisenkinder, alle wurden zu harter Arbeit angehalten,
da die "sozialen" Einrichtungen auch ein ökonomiches Interesse hatten, sie verdienten mit der kostenlosen Arbeitskraft Geld,
und die Willkür des Personals, legte die Qual und Länge des Aufenthaltes fest.

Nichts anderes sehe ich im Falle der aktuellen Situation von falsch zugewiesenen Menschen innerhalb des "TS-Systems":
Sie müssen sich willkürliche "BeURTEILungen" anhörenn von Psychologen, werden über ihre sexuellen Neigungen ausgefragt,
in die Akte wird psychisch gestörter Mann notiert, sie werden angehalten einen Alltagstest zu absolvieren, der für manche einem Spiessrutenlauf gleichkommt und viele in den Suizid treibt, werden von großen Teilen der Gesellschaft naserümpfend in die
"Nichtakzeptanz-Zelle" gesperrt, ausgegrenzt, Medien berichten in verzerrtem und falschem Bild über deren Situation,
durch diese Verzerrung wird ihre Situation weggelogen, weggewischt, und es wird eher die Gesellschaft als schützenswert
vor den "TS"(SIC!) und IS angesehen, als umgekehrt.

Immer noch das Argument vieler nicht medizinisch indizierter Operationen von Babys ist, mit dem Aussehen die Gesellschaft nicht zu
"kompromittieren", "damit das King in Folge später keine Probleme hat" wird das Skalpell geführt, die Menschen müssen von "andersartig"
fühlenden geschützt werden, wie jetzt u.a. in Russland zu sehen, "Normale" sollen nicht "gestört" werden, das Stadtbild nicht beschmutzt wird durch "Andersartige." Wer ist hier der Täter und das Opfer ?
Man muss schon mit dem Kopf schütteln, bei dem Versuch die Gesellschaft als Opfer zu markieren, die vor den "Andersartigen"
geschützt werden muß.

Eine "TS"(SIC!) und IS hat die Rolle eines Bettlers im 17 Jhrd., jeder konnte ihn ins Zuchthaus bringen ohne richterlichen Beschluss,
er war ein Ärgernis, wurde als "störend" empfunden, das einfachste ist, das was als "störend" empfunden wird,
als "gestört" zu deklarieren.

Heute haben wir durch die Zwangspathologisierung die gleiche Situation, eine "TS"(SIC!), die aus welchem Grund auch immer,
wegen einer Beschuldigung irgendeiner Straftat vor Gericht gestellt wird, könnte ohne Probleme in die Forensik eingewiesen werden.

Es genügt ein Gutachten, psychisch krank ist sie ja schon, im Gutachten müsste dies nicht einmal mehr festgestellt werden, das sie psychisch gestört ist.
Das steht bereits in ihrem Gutachten über ihre Transsexualität (ICD 10, F64.0).

Der Aufwand wäre also geringer als bei Gustl Mollath, sie, wie zu früheren Zeiten Arme, Bettler, oder nicht Erwünschte, zu "entfernen" aus
dem Bürgertum.

Sie darf sich dann der Willkür des Forensik-Personals aussetzen, die Länge der Strafe ist nicht festgelegt,
sondern ihr "Gesundheitszustand" wird jedes Jahr vom Arzt neu bewertet, ist er noch nicht der Meinung, dass sie "raus darf",
bleibt sie solange er will -und wird "therapiert", "zwangsmedikamentiert", es besteht hier kein Unterschied zu einem Zuchthaus
des 17 Jhrd., in beiden Fällen waren und sind diese Menschen rechtlos, quasi vogelfrei.

Im Zuchthaus verstorben... dann war es eben Selbstmord. Diese Darstellung führt in einem Worst-Case-Szenario vor,
welche Mißstände herrschen - es ist nicht wichtig, dass die Schilderung überspitzt ist, sondern wichtig ist, dass es möglich wird.

In ihrem Alltag, bleibt sie im Gefängnis der Nichtkazeptanz, des Genitalismus, der keine Geschlechtsidentitäten kennt,
sondern nur Penis und Vulva, in der Ignoranz des Patriarchismus, der keine Frauen mit Penis und Brüsten zulassen kann,
der Frauen nach der gaOP als Frauen mit dem Zusatz: "TS-Vergangenheit" wiederum falsch zuweist, gefangen.

Gefangene auf Lebenszeit.

Sie hat zwar ihren Körper angeglichen, aber die Gesellschaft anzugleichen, an ihr Empfinden, an ihre Identität, bleibt ihr verwehrt.

Sie hat den Status eines Menschen, der nicht gesehen werden will.

Und einige würden sie am liebsten "therapieren", damit sie wieder "normal" wird, diese Vertreter solcher Ansichten sind meist religiös motiviert, da hier der Patriarchismus besonders ausgeprägt ist.

Und nein - eine Frau hat keinen Penis - und wenn sie eine Frau sein will, dann muss er ab, und ja:
Danach ist sie eine Frau mit TS-Vergangenheit - es ist wie verfolgt werden, die virtuelleGefängniszelle ist riesig gross,
so gross wie die Nichtakzeptanz der Gesellschaft, und unüberwindbar, die Grenzen sind spürbar, jeden Tag, wenn sie mit Menschen
zusammen ist - beim Einkaufen, beim Spazierengehen, tuscheln, oder sogar offene abfällige Sprüche.

Nein - der Penis darf da nicht sein, dass würde die Autorität der Männer sonst untergraben.

Aber wenn er weg ist, nützt es ihr auch nichts, aus dieser kafkaesken (Kafka, "das Urteil) Situation zu entrinnen.

Wenn er weg ist, ist es eine Frau mit "TS-Vergangenheit."
http://www.freeyourgender.de/forum/viewforum.php?f=69

Perfider war ein Zuchthaus auch nicht, das unschuldige Menschen versklavt hat.
Nein wir sperren sie nicht ein, wie verarmte alleinstehende Frauen früher in Zuchthäuser,
wir sperren sie in die Zelle der Nichtakzeptanz.

Jeden Tag erleben sie diese Zelle, und wer es nicht mehr aushält, bringt sich um.



schuldig weil alleinstehend: Frauen im Bridewall Prison Anfang des 19 Jhrd. England

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Diary of a lost girl 1929:
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