Darstellung durch die Medien - Status Quo

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Darstellung durch die Medien - Status Quo

Beitrag von Freeyourgender » 17 Feb 2015, 19:29



Die Medien schreiben hinter dem Schutzschild der F64.0 Definition von Männern,
wenn sie Frauen mit weiblichem Gehirngeschlecht beschreiben.
Die OP wird als Angleichung dargestellt, aber dies nützt dann nichts mehr,
wenn diese Frauen verbal bereits ein männliches Geschlecht erhalten haben,
und nicht vom Verständnis Frauen mit männlichem Genital sind.

Sogenannte Transsexuelle werden, wenn der Verständnisfehler sich noch steigert,
als umoperierte Männer bezeichnet, die sich einer "Geschlechtsumwandlung" unterzogen haben.


Als Status Quo der verbalen Formulierung kann die RTL2 Show "Kay One - Prinzessin gesucht" dienen:
http://www.freeyourgender.de/forum/view ... t=578#p948

Solange die Medien z.B. bei einer falsch zugewiesenen Frau mit männlichem Genital nicht bedingungslos
von einer Frau sprechen, mit oder ohne Genitaländerung, ist keine Änderung in der Gesellschaft möglich,
zu verstehen, dass das Geschlecht nicht vom Genital definiert wird.
Denn auch die OP belässt für den Betrachter die Frau im männlichen Geschlecht.
Dass das Genital das Geschlecht nicht bestimmt, sehen wir an den Intersexuellen:
Aber das sollen wir ja nicht: Desshalb werden Babies umoperiert.
Perfide.



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24. April 2015 ARD "Mein Sohn Helen"

Beitrag von Freeyourgender » 25 Apr 2015, 18:15

FYG schrieb auf der Facebook Seite von ATME e.V.

"Nein. Nein. Nein. Das Umfeld des Films wird zum "STAR" und "Helden" stilisiert, besonders der Vater.
Den "Ruhm" verdient er sich, indem er ja "so tolerant" ist, und es
"schafft" mit der Situation "fertig zu werden".
Was für ein toller Vater er doch nun ist,
auf den man aufschauen muss !
Den jeder "psychisch gestörte Mann", der
"meint eine Frau zu sein", doch braucht.
Nein. Ich habe hier keine Stars gesehen die um Helen herumschwirrten,
auch nicht am Schluß des Filmes:
Joviales Bejahen habe ich gesehen,
etwas "als unnormal stilisiertes" aufzunehmen:
Etwas, was nicht auf gleicher Augenhöhe sich befindet,
sondern etwas was sich erklären muss und sich andienen muss.
Vor allem andienen mit Klischees - es grüsst das pinkfarbene Pony
gegen das gerade in feministischen Zirkeln angekämpft wird.
Die Heldin, Helen, die sich gegen diese MIßstände zur Wehr setzt,
wird nur desshalb zur Heldin, weil sie nicht vorher aufgibt:
Die Forderung des Filmes wäre für mich gewesen,
dass das Umfeld begreift, dass sie nicht Gott und Norm sind,
und in Scham versinken.
Und: Das Helen eine FRAU ist und kein Mann.
Kein Mann, der nur die Rolle "als Frau" einnimmt.
Aber das wäre ja zuviel verlangt.
In der TG-Community freuen sich viele,
dass kein "Paradiesvogel" als TS vorgeführt wurde,
und vergessen dabei, dass sie dabei Paradiesvögel bereits negativ
konnotiert haben zum einen,
und zum anderen, dass Helen keine Frau ist,
keine souveräne Frau.
Nein, dass darf sie nicht sein im Film,
sondern ein Mann, der psychologische Betreuung,
Gutachterauflagen und "Verständnis" erwarten darf.
Nein. Nicht mein Film - Ganz und gar nicht."

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"Mein Sohn Helen" Gender-Role-Spoiler abseits von Geschlecht

Beitrag von Freeyourgender » 25 Apr 2015, 18:30

"Mein Sohn Helen" Gender-Role-Spoiler abseits von Geschlechtern

Wiki:
http://de.wikipedia.org/wiki/Mein_Sohn_Helen

Besonderheit:
Ausstrahlung in der ARD an einem Freitag Abend um 20:15 Uhr.
(>hohe Reichweite, beste Sendezeit, öffentlich rechtliches Fernsehen)

Der Film wurde als FSK12 eingestuft.
Siehe hier unter der Rubrik der FSK "umstrittene Entscheidungen"
http://de.wikipedia.org/wiki/Freiwillig ... wirtschaft

in der Mediathek verfügbar bis 1. Mai 2015 (20-6 Uhr)
http://www.ardmediathek.de/tv/Fernsehfi ... Id=1933898

Bild

24. April 2015 - Zeit.de - " Geschlecht ist, was man sieht"
http://www.zeit.de/kultur/film/2015-04/ ... -spielfilm

24. April 2015 - FAZ.net - "Das ist keine Phase"
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/m ... 55571.html

24. April 2015 - sueddeutsche.de - "Problemchenfilm über Transsexualität"
http://www.sueddeutsche.de/medien/ard-f ... -1.2446903

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Reflektion "Mein Sohn Helen"

Beitrag von Freeyourgender » 25 Apr 2015, 20:42

FYG erwartet von diesem Film nichts.
Die FYG Verständniswelt ist bereits durch den Titel verletzt worden.

Dieser müsste lauten: Meine Tochter Helen.

Helen wird bereits im Titel genitalistisch fremdzugewiesen.
Es wird im Titel bereits unmißverständlich mitgeteilt, wann ein Mann ein Mann ist,
und eine Frau eine Frau.
Nicht dass wir in einer Welt leben, die dieses Verständniss nicht hätte,
aber der Titel ist nicht als Kritik an diesem Umstand zu verstehen,
sondern als eine Tatsachenbeschreibung.
Als eine Tatsachenbeschreibung, die nicht auf Richtigkeit hinterfragt wird.
Sondern es wird anhand dieser Definition das Problemfeld aufgerollt,
dass nun anhand dieser Definition gefälligst von den Protagonisten zu lösen wäre.

Der Vater wird mit männlichen Klischees dargestellt,
die ihn als angeblichen "Traumprinzen" für die Frauen auszeichnen,
nur sein nichtbewältigter Verlust seiner durch einen Fahrradunfall verstorbenen Frau,
macht ihn laut diesem Plot unattraktiv für Frauen,
die beim Blind-Date via Internet-Partnerbörse das Weite suchen.
Diese "Richtigkeit", wie ein Mann sein soll, damit er für eine Frau attraktiv sei,
wird in der 1. Szene im Garten beim Grillen durch die Männerfreunde bestätigt,
die genau diesem Klischee auch entsprechen.
Zu kritisieren ist hier:
Es wird ein Muster von Mann entworfen, wie er erfolgreich bei Frauen ist.
Möglichst männliche Klischees erfüllend.
Wäre es nicht möglich gewesen, einen "soften" Männertyp zu skizzieren ?
Der keine 50iger Jahre Mann-Frau-Stereotypen bedient ?
Wäre diese nicht gerade in so einem Film wichtig gewesen,
wenn nicht selbstredend sowieso ?
Warum müssen hier gleich Anfangs Klischees herhalten,
um aufzuzeigen, wie ein "Mann" sein soll ?
Ja - er muss seine Gefühle nach "innen" kehren, möglichst nicht zeigen.
Nur am Friedhof vor dem Grab darf er sich ausweinen, mit Alkohol.
Hier kann man nur noch Grönemeyer zitieren, der schon 1984 in seinem Song "Männer"
die Frage stellte: "Wann ist ein Mann ein Mann ?".
Der Erfolg des Songs war auch der Tatsache geschuldet,
dass diese Frage berechtigt ist. Ein Befreiungsschlag aus Rollenerwartungen.

Und es geht weiter mit der Männlichkeit:
Der Plot lässt Finn vor dem Laptop sitzend die Partnerbörse durchscrollen,
während er mit seinem Vater Frauen "aussucht", und nach Schönheit bewertet.
Hier wird die Frau verobjektiert. Dass es in Partnerbörsen auch Frauen gibt,
die häßlich sind, scheint dem Autor des Films nicht zu berühren.
Auch, dass man Menschen nicht nach dem Äußeren beurteilen sollte.
Hier wird also Humanismus mit Füssen getreten, die Gesellschaft,
die nur auf Leistung, Jugend, Schönheit und Erfolg reflektiert, bewässert.
Aber die Frauen bekommen nochmals eine Abstrafung:
Sie werden als gefühllose Monster dargestellt,
nicht verstehend, dass ein Mann seine Beziehung zu seiner verstorbenen Frau
noch nicht bewältigt hat.
In der Datingszene werden mehrere Frauen eingeblendet,
die ihm symbolhaft einen Korb geben, nachdem er sich ausschüttet über
seine Frau, und falls es noch immer der Zuschauer noch nicht begriffen haben sollte,
instrumentalisiert eine Frau am Schluss der Datingszenerie,
alle Frauen, indem sie sinngemäß sagt:
"Ich sprech für alle Frauen, mach erstmal eine Therapie !"
Nein - so gehts nicht. Gar nicht.
Hier werden die Männer die soft sind ausgesperrt und unsichtbar gemacht,
und die Frauen sind nicht lieb, sondern werden zu Monstern.
Der Film war an dieser Stelle bereits unerträglich.

Damt das genitale Weltbild auch bestätigt wird,
lässt man Finn mit Jasmin ins Bett gehen,
eine Liebschaft, die sich spontan entwickelt,
während er ihr Nachhilfe in Geschichte gibt.
Für den Zuschauer wäre es hier bereits wichtig gewesen,
bereits an dieser Stelle auf das Thema zu kommen.
Die Träne nach dem Liebesakt werden viele Zuschauer_innen übersehen haben,
bzw. sogar falsch interpretiert haben (hat er seine Unschuld verloren ?)
Was sie bedeutet, dass er unter seinem Aussehen leidet, und seinem Genital,
werden die wenigsten Zuschauer hier begriffen haben.

Und auch ist diese Sichtweise brandgefährlich:
Sie ist widerum genitalistisch, denn es gibt sehr wohl auch sogenannte Transsexuelle,
die eben nicht unter ihrem Genital leiden, sich mit diesem harmonisieren konnten,
genauso wie es Intersexuelle gibt, die mit männlichen und weiblichen Merkmalen
sich harmonisieren konnten.
Durch diese Sichtweise, wird suggeriert, dass es nur A oder B gibt,
es wird kein Platz gelassen für ein dazwischen.
Gerade das Thema "Leid" wird auch innerhalb der TS-Community häufig als Abgrenzungsargument
herangezogen: Wer nicht leidet, ist keine Frau, wird argumentiert.
Dieser Film bestätigt diesen Unsinn.
Jede TS hat eine eigene Bewältigungsstrategie - und es gibt auch glückliche TS mit Penis,
oder mit Vagina, die in ihrem Geschlecht das sie selbst definieren, akzeptiert werden wollen,
unabhängig ob sie unter ihrem Genital leiden oder nicht.
Hier spürt FYG, dass der Genitalismus stark in diesem Film hineinfärbt.
Aber wir müssen uns nicht wundern, in Deutschland galt bis 2011 noch der Operationszwang.
Dieser wurde nur vom Verfassungsgericht gekippt. Die Regierung hat das TSG noch nicht geändert,
sondern es wurden nur die Passagen gezwungenermaßen aus dem TSG entfernt oder umgeschrieben.
Traurig, wenn erst ein Gericht darauf hinweisen muss, dass Selbstbestimmung nicht erkauft werden muss, über die Unversehrtheit des Körpers, die über den Operationszwang beschnitten wurde.

An dieser Stelle ist der Film, die Haltung die der Film gegenüber TS, Frauen und Männer
einnimmt bereits erzählt.
Wir befinden uns im Film bei Minute 13.

Es folgt nun die Szene, in der Finn seinem Vater offeriert, dass er nach San Franzisco geht,
ein Jahr lang werden sie sich nicht sehen.
Die Vater-Sohn Bindung, wird hier thematisiert, der Vater läßt ihn ungern gehen.
Szene am Flughafen, Abschied.
Markant ist, dass bisher in dem Film kein Wort über die TS-Problematik gefallen ist.
Der Zuschauer soll anscheinend hineingeworfen werden. Wird nicht langsam herangeführt.
Ein Verstehen des Sachverhaltes, hätte eine Off-Stimme vonnöten gemacht,
die erklärt, was der Film erzählen will.
Viel zu komplex ist das Thema.
Aber - wir haben ja keine Dokumentation, sondern einen Unterhaltungsfilm. Ja.
Aber auch Nein. Zu sehr betrifft dieser Film Menschen emotional.
Wir können heutzutage auch nicht beliebige Unterhaltungsfilme über Sachverhalte machen,
die wir damit falsch darstellen würden. Das gäbe schlechte Kritiken.
Aber wir haben im TS-Bereich keine Lobby, oder so gut wie keine.
Hier kann also sehr frei "agiert" werden.
Schade. Rosa von Praunheim hat 1971 gezeigt, wie es funktionieren kann,
ein Thema gegen den allgemeinen Konsens zu beleuchten und zu erklären:
"Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt", war ein gelungener
Akt der Erklärung, wie Menschen fühlen, die homosexuell sind,
in einer Welt, die diese nicht nur ausgrenzt, sondern sogar strafrechtlich verfolgt.
Nicht dass das TS-Thema etwas mit Homoexualität zu tun hätte,
aber wir haben eine ähnliche Verständnishürde in der Gesellschaft zu überwinden:
Wir müssen einer nichtwissenden Gesellschaft erklären, dass Finn eine Frau ist,
und nicht nur in die Frauenrolle schlüpft.
Dass kann (und will) der Film nicht leisten.
"Und will" trifft desshalb zu, weil der Film Frauen und Männer über Genitalien definiert,
und daher nur noch der Rollenwechsel in der genitalistischen Gesellschaft bleibt.
Helen ist daher nur eine Frau im Hinblick von Simone de Beauvoir, eine Frau durch
die Tatsache, dass sie Erwartungen erfüllt, die in der Gesellschaft an eine Frau gestellt werden.
FYG unterstellt hier, dass diese Geburt der Helen, die nur über die Genderrole erfolgt,
die Abgrenzung von Mann-Frau über die Klischees erforderlich macht.
Wäre der Vater ein Softie im Strickpullie, der gerne auf Tupperabende geht,
und wäre Helen eine Frau, die gerne Männerkleidung trägt, eine Glatze oder
Kurzhaarfrisur hat, und eine echtes tomboyish-like-Feeling einer Butch aufkommen lassen würde,
was wäre dann mit der Frau, die die Gesellschaft erzeugt ?
Die Frau die Simone de Beauvoir schon 1949 als Konstrukt beschrieben hat ? Nichts.
Sie würde im Film nicht mehr skizziert werden können.
Wir könnten Helen nicht mehr darstellen,
müssten sie außerhalb von Klischees verhandeln.
In dem Moment wenn wir dies tun, müssten wir aber zugeben,
dass Transsexualität nichts mit Genderrole und Travestie zu tun hat.
Nichts mit Kleidern und Erwartungen.
Dies will der Film nicht.
Auch wenn Finn verbal dies äußert, dass er schon immer eine Frau war,
und dass er nicht verkleidet ist,
wird er hier argumentativ alleingelassen gegenüber der genitalistischen Gesellschaft.
Es wird als seine Meinung dargestellt, als Wunsch.
Untermauert durch Sexologen, die ihm mit freundlicher Lippe "helfen".
Es wird nicht dargelegt, und der Zuschauer an die Erkenntnis herangeführt,
dass es sich bei Finn um eine Frau handelt, durch ihr pränatal geprägtes Gehirn.
Dass sie keine Option hat, und dass der Wunsch eine Frau zu sein,
aus ihrem Gehirngeschlecht, dass sehr weiblich ist, erfolgt.
Dass dies keine Unnormalität ist, sondern dass es eher unnormal ist von der Gesellschaft,
Genitalien als Definition von Frau und Mann heranzuziehen, wenn wir schon bei Intersexuellen
sehen, dass dies eben nicht so ist.

Wie befürchtet, das TS-Thema wird tatsächlich in keinem Wort bis zur Rückkehr von Finn erwähnt.
Wir sind in Minute 18 - Tobias, der Vater von Finn fährt zum Flughafen um ihn abzuholen.
Wie Jeannie aus der Flasche
http://de.wikipedia.org/wiki/Bezaubernde_Jeannie
wird der Zuschauer mit der "Umwandlung" von Finn nun konfrontiert.
Sicher: Die Spannung und Überraschung für den Vater wird hier für den Zuschauer erlebbar,
nur verstärkt diese Inszenierung, den "Travestie"-Effekt. Den Effekt nämlich,
den das TS-Thema für viele Zuschauer hat: Es wäre nur eine Verkleidung, eine Verwandlung.
Ein "so tun als ob".
Ein erklärender Film ist das daher nicht, im Gegenteil.
Er verstärkt falsche Meinungen über das Thema.
Auch wenn Helen sich im weiteren Film erklären wird,
wird dies die Meinung der Zuschauer_innen nicht umändern können,
die das Thema bisher noch nie verstanden haben.
Diese Erklärungsversuche von Helen werden wie Erklärungen wirken,
die Menschen eben machen, die "psychisch gestört" sind.
Denn dass "Transsexualität" eine behandelswerte Sache ist, wird vom Film ebenfalls dargelegt.
Nicht dass dies in Deutschland nicht so gehandhabt würde,
wir haben zum Zeitpunkt immer noch den Code F64.0 im ICD 10, der TS als Krankheit
und psychische Störung beschreibt, aber es wäre ein leichtes gewesen,
genau diesen Sachverhalt auszuhebeln, in Frage zu stellen,
die Sexologen als willkürliche Lügner darzustellen, die kein einziges Argument haben,
dass Helen keine Frau wäre. Nein. Sie werden in ihrem Amt bekräftigt,
und es bleibt alles beim Alten: TS sind Kranke, und im Falle von Helen eben kranke Männer.
Schön. Dann haben wir ja die Botschaft an die ARD-Zuschauer, die etwas lernen wollten überbracht.
Aber wir haben ja vergessen: Es ist ja kein Dokumentarfilm, sondern "nur" ein Unterhaltungsfilm.
Für FYG ist dieser Film eine Falschdarstellung in der Maske eines Unterhaltungsfilms.

Tja - bei Minute wird Travestie perfekt schauspielerisch in Szene gesetzt.
Travestie-Effekte wie Tootsie und Charleys Tante lassen grüßen.
Kleidung macht die Frau.
Genderexploitation-Spoiler der Extraklasse.
Wie schon weiter oben erwähnt, wäre der Effekt gar nicht vorhanden,
wenn Helen wie eine Butch angezogen wäre.
Und Tobias ein Softie wäre, auch mit glattrasiertem Gesicht und Strickpulli ein Mann sein könnte.
Seine männliche Attitüde ala Jack Nicholson benötigt aber der Film,
um allen zu sagen: Schaut, so muss ein Mann sein. Das ist männlich.
Und dann habt ihr auch Erfolg bei den Frauen, die darum betteln,
dass ihr eine Beziehung mit ihnen habt.
Wie in der Bettszene dargestellt, bevor Tobias zum Flughafen fährt.
Seine Geliebte hängt wie eine Klette an ihm.
Erst werden die Frauen als Monster dargestellt, als gefühllose Objekte.
Und dann als Betthäschen, wie aus einem James Bond Film der 60iger Jahre.
Der Film unterstützt den Rollback, nicht nur in genitalistischer Weise was den TS-Diskurs angeht,
der schon Lichtjahre davon entfernt ist, dass hier Geschlechter verhandelt werden,
sondern auch in Bezug auf Frau-Mann-Stereotype. Der Film ist reaktionär und stellt
Erwartungen auf, wie Männer zu sein haben, verurteilt gleichzeitig Frauen, wie sie sind.
Und weist sie darauf hin, welche Plätze sie einzunehmen haben, wenn sie einen
"richtigen" Mann abbekommen wollen.

Nach der "Entschuldigung", die Helen ausspricht, um sich zu rechtfertigen,
weil sie "Tobias" ja nicht "vorgewarnt" hätte -
ja das ist schon schlimm nicht wahr ?
Kommt der Satz der FYG an dieser Stelle des Films nicht weiter schocken kann:
Der Autor des Films läßt Helen sagen:
"Ich lebe jetzt als Mädchen"

Das waren also die ersten beiden Statements von Finn:
Eine Entschuldigung und als Zweites, dass Finn nun "als Mädchen lebt".
Als Mädchen kann er nicht leben, denn ein Mädchen ist erstmal keine erwachsene Frau,
sondern ein Mädchen. Außerdem IST Finn eine Frau, und "tut nicht nur so als ob."
Wenn der Film also über Transsexualität berichtet, muss der Satz heißen:
"Ich bin eine Frau Tobias". Und nichts anderes.
Aber der Film will nicht das Thema so darstellen, sondern er will Travestie beschreiben.
Transexualität in die Travestie-Schublade schieben. Passend zur geplanten Defintion des ICD 11,
wenn es dann heißt: "Gender Dysphorie". Geschlechtsidentitätsstörung.
Schön. Dann hätten wir das ja geklärt. Ein Mann, dessen Identität gestört ist.
Und genau dass beschreibt dieser Film. Grauenvoll.

"Ich lebe jetzt als Mädchen, Helen"
sagt Helen mit strahlendem Lächeln:
Der Zuschauer darf aber hier die Reaktion von Tobias nicht erfahren,
die Kamera schwenkt nicht mehr zurück nach diesem Satz von Helen.
Sondern zeigt von Ferne die Rückfahrt, Spot auf das Auto.
Der Film macht also hier keine Aussage, was Tobias direkt in dieser Situation spontan macht.
Bejaht er Helen, lehnt er sie ab ?
Der transphobe Zuschauer hätte Schwierigkeiten, wenn Tobias schon in Minute 19 Helen bejahen würde, sie in die Arme nehmen würde.
Nein - es muss offen bleiben, damit sich der Film reiben kann. Unerträglich diese Konstellation
der Inszenierung des Outings.
Als Hintergrundmusik natürlich "Lola" von den Kinks, damit wir wissen worum es gehen soll:
Um Rollen, nicht um Geschlechter.

Dann folgt die Konfrontation mit der Transphobie:
Natürlich muss der transphobe Mann im Fernsehsessel ein Sprachrohr durch Tobias erhalten,
indem er die "Verkleidung" von Helen betont, und ihr Auftreten als "Verarschung" (Prollsprache)
und "Inszenierung" definiert.
Tiefer kann eine Beleidigung gegenüber eine Transexuelle nicht formuliert werden.
Dass Helen hier nicht bereits psychisch zusammenbricht und lächelnd diese Szene konfrontiert,
indem sie in das Restaurant ihres Vaters "marschiert", wo "seine Freunde" sitzen,
die sie nach seiner Meinung dann schocken würde, und Ihn letzten Endes 'blamieren" würde,
bis auf die "Knochen blamieren" würde... ist unglaubwürdig.
Diese psychische Stärke haben eben Transexuelle gerade bei ihrem Coming out nicht.
Nur dann, wenn sie Tootsie spielen, am Schultheater, aber nicht in einer realen Situation wie dieser.
Der Film gibt hier offen zu, dass er eine Komödie ist, der Stereotype salvenhaft abschießt,
und der zum Ziel hat, Transsexualität als Rollenwechsel und Verkleidung darzustellen.
Das Konzept des Filmes würde bereits scheitern, wenn es sich um einen Transmann handeln würde,
da hier die Kleidung nur noch eine untergeordnete bis keine Rolle mehr spielt.

Bei Minute 21 gibt es zudem noch einen Logik-Fehler:
Helen betritt das Restaurant und alle erkennen sofort dass es Finn ist.
Das ist völlig unrealistisch, denn alle würden, selbst wenn sie zweifeln würden,
sich nicht innerhalb von Sekunden so verhalten.
Es gäbe eine Annäherung, eine Frage, wie : "Bist Du Finn?"
Hier inszeniert der Film eine Situation, die unterstellt, dass Helen kein ausreichendes Passing hätte,
was sie aber hat. Als ob es nicht möglich wäre, vom Aussehen sich nicht so zu verändern,
dass das Erkennen nicht mehr so einfach möglich ist.
Nein. Es muss ja zementiert werden, wer hier ins Restaurant läuft. Finn.
Und einmal Finn. Immer Finn.
Warum hat man nicht einfach das Passing so schlecht gewählt, dass diese Szene
authentisch so hätte sein können ? Antwort: Dann hätte man keine Klischees bedienen können.
Helen muss weiblich aussehen, perfekt geschminkt, Röckchen. Ok - hatten wir ja schon weiter
oben erklärt, dass in der Welt dieses Films nur Klischees Platz haben, kein Zwischen.

Der Satz von Helen, "das ist keine Verkleidung, verkleidet war ich die letzten 16 Jahre" wirkt
in dieser Szene wie aufgesagt, anscheinend von Berater_innen für diesen Film in das Drehbuch diktiert.
Dieser Satz kann den Film und die Aussage nicht mehr retten.
Helen wird bis zum Schluss mit dieser Aussage allein dastehen. Der Zuschauer wird ihr dies nicht mehr glauben, da er emotional keine Möglichkeit hatte bis zu diesem Zeitpunkt in Minute 21,
sie zu verstehen. Zu krass ist der Wechsel, wie Jeannie aus der Flasche - Schwupp - da ist sie.
Ja klar. Ganz einfach nicht wahr ? Kleiderschrank auf. TS raus. So geht TS-Aufklärung über
die Unterhaltungsindustrie. Tootsie, Helen, Charleys Tante. Sehr witzig. Aber eben keine TS-Problematik.

Wenn es denn "nur Tootsie" wäre, nein es wird richtig "nachgetreten":
Einer der Tiefpunkte dieses Filmes:
Gelächter am Anfang.
Dann erschallt eine Stimme aus dem Hintergrund sinngemäß:
Ob Finn den "schwul" wäre.
Hier wird das Klischee bewässert, dass Transfrauen schwul wären.
Eines der Darstellungen, die das Geschlecht verleugnen, das Helen eine Frau ist,
weil sie auf den Penis abstellen. Grauenvoll.
Dazu lässt der Autor des Films Tobias sagen: "Schön wärs" (Anm: Wenn Finn schwul wäre.)
TS wird also dargestellt, als wäre es "noch schlimmer " als schwul zu sein.
Ist das nicht genial ? Schwul wird als erwähnenswert weil problembehaftet in diesem
Kontext erwähnt und transsexuell zu sein als "noch schlimmer als schwul" dargestellt,
indem schwul als "nicht so schlimm" wie transsexuell zu sein eingeschätzt wird.
Ja - so geht Diskriminierung: Schwul und Trans gleichzeitig als abnorm darzustellen,
dass lieben die Darsteller der Heteronormativen genitalistischen Verständniswelten.

Als Helen erklärt, dass sie "Transgender" ist, was im TS-Diskurs von vielen nicht als
gleichwertiger Begriff gesehen wird, der transsexuell beschreibt,
zeigt der Film wohin die Reise geht: es geht um Gender-Rollen, nicht um Transsexualität.
Dann eine Stimme aus der Gruppe: "Was fürn Ding?"
Womit klar ist, dass der Zuschauer ja dumm sein darf.
Der ungebildete Zuschauer darf sich als beruhigt zurück lehnen, er muss das ja nicht wissen.
Klar. Wird ja auch nicht kommuniziert in den Medien. In diesem Film ja auch nicht.
Was wir sehen ist Travestie. Travestie die um Akzeptanz kämpft.
Das Fundament der Erklärung fehlt, das Fundament der Emotion fehlt.
Natürlich wird noch eine Schippe draufgelegt: "Transe, Du ahnst es nicht"
Mit diesem Satz aus der Gruppe wird der Begriff "Transe", den viele TS vehement ablehnen,
über diese Szene geschüttet, dazu noch in Verbindung mit einer negativen Konnotation:
Für alle diejenigen, die es noch fertigbringen, sich von dem Begriff "Transe" nicht beleidigt zu fühlen.
Mit "Du ahnst es nicht", wird unterstrichen, wo das Wort Transe beheimatet ist:
Etwas schlimmes, etwas, wofür man sich rechtfertigen müsste.
Was Beteiligte beschämen läßt, was Beteiligte dazu veranlasst, "etwas aushalten" zu müssen.
Grauenvolle Szene. Unerträglich.

Seine ehemalige Freundin lehnt ihn ab, verlässt die Szene,
ein Gleichaltriger nennt Helen "Arschloch" und verlässt ebenfalls die Szene.
Extrem primitiv wird der Film an dieser Stelle, man mag gar nicht mehr hinsehen.
Es wird hier also Transphobie dargestellt, aber sehr unglaubwürdig.
Die Transphobie hat der Film schon vor dieser Szene ausgesprochen, durch den gesamten
Plot und Umsetzung. Diese Szene hätte es in dieser krassen Darstellung gar nicht mehr gebraucht,
da der Film selbst bereits schon Transsexualität falsch darstellt und für transphobe Menschen
eine Bestätigung geliefert hat.
Diese Szene mit den ablehnenden Haltungen wird von FYG eher als "Nachtreten" durch die Protagonisten empfunden, es wird ausgesprochen, was der Film schon vorher suggestiv übermittelt hat. Helen ist ein Mann. Helen muss sich entschudligen, erklären und sie wird auch bis zum Ende des Filmes ein Mann bleiben.

Wir sind bei Minute 23 während wir Tobias zuhören müssen, wie er am Telefon innerhalb eines Dialoges
mit "Vroni" aus SanFranzisko, bei der Helen ein Jahr zu Gast war, die pränatale Prägung und die Tatsache,
dass Transsexualität angeboren ist in primitiver Art in Grund und Boden redet.
Hier haben anscheinend Sexologen am Drehbuch mitgeschrieben,
und sich mal so richtig ausleben dürfen. >
Ihren Kummer über die Beweise der Hirnforschung, die gänzlich ignoriert werden innerhalb des offiziellen Diskurses,
Luft gemacht.
Tobias wird wieder mal wie übersteuert als "Mann" dargestellt, in dem er sprücheklopfend auch Vroni am Schluss
am Telefon anschreien darf mit "Du kannst mich mal".
Ja, dass ist ein toller "Mann". Damit werden sich sicher viel männlichen Zushauer identifiziert haben. (Ironie!)
Gerade in den Zeiten, in denen Klischess abgebaut werden sollen und bereits abgebaut sind,
brauchen wir nicht solche Vaterrollen, die Attitüden aus den 50iger Jahren hervorkramen,
aber hatten wir das nicht schon erwähnt - egal - lieber zu oft als zu wenig. Peinlich.
Aber Feminist_innen wird hier zumindest eine Steilvorlage geliefert,
sie werden daran erinnert wofür sie gekämpft haben, und wofür sie weiter kämpfen müssen.
Denn der Vater wird ja dann später "lieb", und somit sein männlicher überzeichneter Habitus,
den er vorher hatte legitimiert. Aber es soll ja genügend masochistische Frauen geben, die solche Männer mögen.

Bei Minute 25 sehen wir die Szene, wie Helen ihr Zimmer wieder bezieht, ihre alte männliche Kleidung
in den Flur wirft. Tobias versucht herauszufinden, warum sie nun Helen ist.
Fragt, ob es mit der verstorbenen Mutter zu tun hat, oder ob ihr ein Mann zu nahe getreten ist in San Franzisko.
Hier wird der Begriff untergebracht: "Schwulenhochburg". FYG sieht hier eine negative Konnotation.
Na und. Und wenn es so wäre ? Negativ wäre nur, wenn Gewalt im Spiel gewesen wäre, eine Vergewaltigung.
Aber schwul per se als negativ darzustellen. Es wird nichts ausgelassen.
Nebenbei wird der "Therapie-Charakter", das Ansinnen vor allem extrem Konservativer Denker aus Medizin und Religion vorgelebt,
die Transsexualität "wegtherapieren" wollen.
Warum wird dem Vater unterstellt, dass er dies wollte ?
Weil er es als unangenehm empfindet, nun eine Tochter zu haben.
Warum lässt man ihn sich nicht darüber freuen ?
Es muss also Transphobie dargestellt werden. Nur wird hier billigend in Kauf genommen,
dass sich viele Männer mit dem Charakter von Tobias identifiziert haben bis zu dieser Stelle des Filmes.
Die Reaktion von ihm also als Bestätigung ihres Gefühles erleben.
Erst recht ist diese Gefahr dann gegeben, wenn aus dem Dialog diese Reaktion des Vaters nicht kritisiert wird,
und Helen hier wenig Emotionen und Gegenwehr zeigt, sogar hier überlegen wirkt dem Vater gegnüber in dieser Szene.
Hier wird nach Meinung von FYG sogar der Vater als Opfer dargestellt. Zumindest werden es transphobe Zuschauer_innen
so assimilieren. Brandgefährlich.

Der "leidende" Vater wird bei Min 27 wieder vertieft. Er leidet, weil Helen geschminkt und in weiblichem Outfit
zur Schule möchte. So ein armer Mann ! Was können wir nur für ihn tun. Es ist einfach grauenvoll als Vater,
wenn er sehen muss, wie glücklich seine Tochter nun ist.
In dieser Szene gilt was bereits erwähnt wurde: Täter-Opfer-Tausch.
Wer diesen nicht als Kritik versteht, sondern sich damit identifiziert, hat den Film evt. sogar so gelesen
und verstanden wie er gemeint war.
Spätestens hier hätte eine Abgrenzung des Vaters bereits signalisieren müssen,
dass ihm die Liebe zu seinem Kind wichtiger ist. Das er es akzeptiert.
Aber eben noch mit sich kämpft. Diese Abgrenzung wird nicht gezeigt,
sondern der Zuschauer kann hier weiter den transphoben Zug weiternutzen und wird nicht zum Ausstieg gezwungen.
Auch enthält die Szene eine Bestätigung des Verdachtes des Vaters,
der meinte, die "Verkleidung" von Helen sei nur eine Kompensation des Verlustes der Mutter:
Die Mutter, die Helen bejaht, erscheint ihr beim Schminken als Geist.
Hier wird eine Gradwanderung skizziert, dass Transsexualität kognitiv sein könnte,
durch äußere Umstände ausgelöst: In diesem Fall durch den Verlust der Mutter.
Wäre diese noch am Leben, würde evt. nicht Helen am Schminktisch sitzen, sondern Finn,
der weiter in der männlichen Rolle lebt, wie vorher auch.
Sicher kann die Erscheinung der Mutter auch anders interpretiert werden,
aber gerade der ausgesprochene Verdacht des Vaters am Tag zuvor in der Szene in Helens Zimmer,
bestätigt hier, dass der Film hier mit der kognitiven Prägung kuschelt. Die Sexologen, die die pränatale
Prägung verwerfen und ignorieren, scheinen hier die Feder des Films mitgeführt zu haben.

Dann Tobias "ratgebender" Hinweis:
"Tu Dir das nicht an"
Ja was denn ? Als ob es eine Entscheidung wäre, als ob es möglich wäre für Helen,
zu entscheiden, als ob sie eine Option hätte.
Nein. Hat sie eben nicht. Und die Aufgabe des Filmes ist es, Helen nicht zu raten,
in ihre männliche Rolle zurückzukehren, die sie unsichtbar machen würde,
sondern die Gesellschaft, die sie nicht akzeptiert, in diesem Fall in der Szene ist dies die Schule,
anzumahnen, dass sie Helen akzeptieren.

Sicher wird der Film ingesamt im TS-Diskurs so interpretiert, als ob der Film diese Kritik an die Gesellschaft leistet.
Bisher steht diesem Anspruch aber zuviel Interpretationsspielraum in genau die andere Richtung offen.
Dass Helen sich nach der Gesellschaft zu richten hat. Dass die Gesellschaft sich als Opfer das Recht herausnimmt,
sie abzulehnen. Wie es der Vater im Moment darstellt.
Die Differenzierung, von dieser Opferhaltung ist nicht nur schwach bis zum jetzigen Zeitpunkt umgesetzt,
sondern gar nicht.
Ein Zuschauer kann diesen Film nicht verstehen, sollte er gegen Transphobie ansprechen wollen.
Dazu ist das Thema zu kompliziert, eine Off-Stimme wäre hilfreich gewesen, die den Zuschauer führt,
Sachverhalte erklärt. Aber wir dürfen ja nicht vergessen, es ist ja keine Doku, sondern nur "Unterhaltung",
nur klärt diese auch auf, ob sie es will oder nicht. Und bisher in die falsche Richtung.

Schulszene: bei Min 27 - die Exfreundin lehnt Helen ab. Hier wird also weiterhin Transphobie gezeigt.
Aber ohne diese zu erklären, zu differenzieren, einfach in den Raum gestellt, ohne diese extreme
Bandbreite die Transphobie hat, zu beleuchten, eine der häufigsten Ursachen für Suizid.
Der Zuschauer wird weiterhin allein gelassen mit diesen Reaktionen im Film.
Was weiß ein Zuschauer, der das Thema nicht kennt von Transphobie ? Nichts.
Wie kann er aus dem Film etwas lernen, wenn er hier keine Erklärungshilfen bekommt ?
Ja - es ist ein Unterhaltungsfilm - und keine Dokumentation. Ja natürlich ist er das.

Bei Min 28 wird weiterhin Transphobie gezeigt:
Es geht um die Haare, Helen wird von einem Schulfreund während Helen mit ihrem Vater das Schulgebäude betritt
auf ihre Perücke hingewiesen, die sie hätte. (negative Konnotation einer Perücke)
Warum eine Perücke ein Problem sein sollte, in einer Zeit wo Popstars mehr Perücken und Haarteile im Schrank haben,
als Schuhe ? LadyGaga trat Oktober 2013 erstmals ohne Perücke in Berlin auf. Völlige unnötige Diskreditierung.
Aber es geht weiter: Um dieser Diskretitierung zu entgehen, und um das Passing hier anscheinend zu erfüllen,
sah das Drehbuch vor, dass Helen eigene Haare hat. Sehr unrealistisch.
Sie sagt dann: "Das sind meine Haare" - der Schulfreund: "Sieht trotzdem Kacke aus".
Also weiterhin Transphobie. Trotz echter Haare. Und das Passing, dass Helen hat, echte lange Haare, weibliches Gesicht und Figur, dürften die wenigsten Transfrauen in real erreichen, ein geringer Prozentsatz.
Es wäre ein bedeutend besserer Lerneffekt gewesen für den Zuschauer, den Erfolg von Helen nicht
mit ihrem Aussehen zu koppeln. Eine hässliche, weil noch männliche Helen, die Akzeptanz erfährt,
wäre bedeutend besser gewesen. Aber nein - Helen muss fast perfekt aussehen. Einfach nur schlecht und am Ziel vorbei.
Aber wir müssen uns damit anfreunden, dass das Ziel dieses Films abgrenzend ist.
Transsexuelle Frauen werden sich also mit Helen messen müssen in Zukunft.
Sprüche wie: "Hey - da musst Du aber noch etwas nachlegen, da sah Helen ja besser aus.", sind vorprogrammiert.

Also - jetzt ist Schluss !
Die Szene beim Schulleiter outet den Film als transphob.
Die Hoffnung, dass die transphoben "Einlagen" als Kritik an die Gesellschaft gemeint sein könnten,
sind nun gänzlich verflüchtigt.
Der Schulleiter nennt Helen Finn, und meint, er wäre männlich, aufgrund Helens Genitals.
Dann wird der Alltagstest zitiert, der angeblich Pflicht wäre. Das hätten die Sexologen wohl gerne ?
Nein - der Alltagstest ist eben nicht mehr Pflicht, sondern nur eine Empfehlung.
Dann gebraucht der Schulleiter, nachdem Helen vorher von geschlechtsangleichender Operation gesprochen hatte,
das Wort Geschlechtsumwandlung.
Dazu findet es FYG hier markant, dass Helen die geschlechtsangleichende Operation hier mit Stolz verkündet,
als ob das ein Besuch in einem Kino wäre. Das ist absolut unrealistisch. Eine TS ist sich in diesem Punkt jahrelang
unsicher und mit sich unschlüssig. Der Film will hier diese OP desshalb als markanten Punkt setzen,
damit die Abgrenzung in genitaler Hinsicht zwischen "Mann und Frau" festgeschrieben wird.
Das Drehbuch lässt auch Tobias sagen, dass Helen eben jetzt noch keine Frau wäre, wegen ihrem Genital.
Diese Szene ist unerträglich genitalistisch und ein weiterer Tiefpunkt dieses Films.
Der Film schafft keine Freiraum für eine Transsexuelle oder Transsexuellen, dass es auch möglich sei,
mit dem unpassenden Genital als Frau oder Mann akzeptiert zu werden, falls dieser Transmensch sich mit seinem Genital versöhnt, was auch möglich wäre.
Auch für den Fall, dass aus gesundheitlichen Gründen gar keine OP möglich ist, bietet der Film keine Möglichkeit.
Daher ist der Film hier in höchster Weise genitalistisch und damit transphob einzustufen.

Der Film wird unerträglich.
Der Film hält am Macho-Image der Vaterfigur immer noch fest.
Die Vertrauenslehrerin spielt eine Art Fluchthelferin vor dem Schulleiter gegen den Sinn von Tobias.
Spricht ihn immerzu mit "Herr Wilke" an.
Dann die Szene im Hof, "Herr Wilke" ist von hinten zu sehen, steht breitbeinig in Machopose da.
Schöne Abgrenzung zwischen Frau und Mann.
Ab hier ist der Film fast schon maskulinistisch, da er immer noch ein Vorbild für viele männlichen Zuschauer liefert,
die sich mit dem Vater identifizieren.
Der Schulleiter wird als Nichtwissend dargestellt, er hätte ja sowas noch nicht an der Schule gehabt.
Das ist völliger Unsinn, selbst wenn, muss er sich eben auf dieses Gespräch vorbereiten,
und Helen nicht mehrmals dumm ansprechen, mit falschem Namen und mit Wörtern wie Geschlechtsumwandlung.
Hier werden Schulautoritäten falsch dargestellt, und für ignorante Transphobie mißbraucht.
Fast schon ein Werbefilm für den Bildungsplan in Baden Württemberg, der aber abgeschmettert wurde.
Nein - solche Schulleiter brauchen keinen Bildungsplan - sicher nicht. Die brauchen einen anderen Job.
Das "Herr Wilke" Ansprachs-Szenario endet bei Min 31:47, als Tobias sagt: Sie können "Tobias" zu mir sagen.
Schön, dann sind wir ja nun im Humanismus angekommen. Herzlichen Glückwunsch.
Aber eventuell zu spät für die Zuschauer, die sich nun fast 32 Minuten mit dem Vater bereits identifiziert,
und ihre eigene transphoben Gefühle für sich legitimiert bekomme haben.
Doch zu früh gefreut, Tobias berichtigt die Vertrauenslehrerin, Finn Helen zu nennen.
Es wäre immer noch der Sohn für Tobias nicht seine Tochter.
Zu diesem Zeitpunkt ist das mehr als unrealistisch,
mit dieser Einstellung wäre Tobias nicht mit Helen in die Schule gegangen.
Wenn er sie als Frau in die Schule begleitet hätte, hätte er sie als Frau bereits bejaht.
Was soll diese weiter Fremdbestimmung noch an dieser Stelle des Filmes ?
Kitschig. Unrealistisch. Bad Timing.
Und auch eines fällt auf: Selbst wenn wir unterstellen, Tobias hätte Helen begleitet,
ohne sie zu akzeptieren, ist es weiterhin unrealistisch dass Helen strahlend vor dem Schulleiter sitzt.
Was soll diese Inszenierung ? Wenn sie doch dann weiß, dass der Vater nicht hinter hier steht ?
Welche Transsexuelle hat diese Kraft ? Helen wird mit übersinnlichen Kräften dargestellt.
Es dürfte keine TS geben, die so agiert ! Eine Pippi-Langstrumpf-Inszenierung. Science Fiction.

Dann wieder eine dummblöde Mobbing-Szene in der Schule. Danke dafür.
Die Schüler müssen sich ja auch im Film wiederfinden, diejenigen, die "schwul" als Schimpfwort ok finden.
Die Vertrauenslehrerin erzählt Tobias, dass Helen Testo-Blocker nimmt, seit Jahren,
die Mutter hätte es gewußt und ihr gesagt, dass Tobias es auch unterstützt.
Die Testoblocker-Story ist ebenfalls sehr untypisch. Passt zum Sience Fiction.
Aber wir wollen uns nicht über Details aufregen, der Film ist bereits schlimm genug.

Tobias wirft der Vertrauenslehrerin vor, dass sie es nicht versucht hätte... "ihm (Helen) es auszureden"
Hier wieder keine Differenzierung, die eine Therapiemaßnahme als Unsinn outet.
Nur eine kopfschüttelnde Lehrerin. Kein auflärendes Wort in dem Film,
vielleicht eine Stimme aus dem Off, die sagen könnte, dass Transsexualität nicht therapierbar ist !
Hier wird der Vater als jemand dargestellt, der Recht hat, die Lehrerin beschuldigen zu können,
dass sie nicht versucht hätte, "es" Helen auszureden. Sie rechtfertigt sich hier nicht.
Wieder ein Indiz dafür, wo der Film hinwill. In die Sexologen-Richtung der Fraktion,
die Transsexualität immer noch für therapierbar hält.
Der Film feuert eine Salve nach der anderen ab, die bereits erkämpftes Terrain im TS-Diskurs
im Rollback zurückerobert. Geräuschlos. Geschickt in eine Tootsie-Klamotte verpackt.
Sehr schön haben Sie das gemacht, meine Patriarchenherren. Gute Arbeit.
Ja - die Lehrerin hat einen Fehler gemacht, natürlich, sie hat nicht versucht Helen auszureden,
dass sie eine Frau wäre. Der Vater wird hier nochmal bestätigt, dass er Recht hat, in dem er sie fragt,
was sie den unterrichte: Ob es Biologie oder Ethik wäre. Sie antwortet Sport und Englisch.
Damit fühlt sich der Vater bestätigt, und diskreditiert damit ihre Funktion und Autorität als Lehrerin,
beweist damit, dass ihre Entscheidung nur eine falsche gewesen sein kann,
nicht versucht zu haben, zu "therapieren."
Keine Aufkärung, dass dies nicht möglich ist, sondern das Gegenteil wird dargestellt.
Die Lehrerin als Mensch dargestellt, der einen Fehler gemacht haben soll. Grausam.
Es fälllt FYG an dieser Stelle schwer, die Reflektion weiter zu schreiben,
im Prinzip ist es obsolet, den Film weiter zu rezensieren. Er ist transphob.
Das kann an dieser Stelle unmissverständlich gesagt werden.

FYG entscheidet sich, an dieser Stelle die Rezension abzubrechen.
Es gibt wichtigeres für FYG, wichtige Artikel zu schreiben, die anderen Menschen helfen.
Wer den weiteren Film verfolgt, wird die Fahrrinne weitergeführt, die am Anfang gelegt wurde.
Es ist nicht notwendig, den Machern dieses Films zu beweisen, dass sie hier gegen Trans agieren,
dass würden diese sowieso abstreiten.
Belassen wir es dabei. Legen wir den Film zu den Akten. Er wird den TS-Diskurs nicht weiterbringen,
zumindest nicht in derjenigen Verständniswelt von FYG, die Helen als Frau sieht.
Als souveräne Frau.
Auf die Akzeptanz derjenigen Gesellschaft, die in dem Film Helen akzeptiert,
auch dann am unrealistischen Schluss, jovial und künstlich dargestellt,
kann verzichtet werden.

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"Mein Sohn Helen" Tweets von Katrina Reichert

Beitrag von Freeyourgender » 26 Apr 2015, 19:41

Katrina Reichert schreibt FYG aus der Seele, also lassen wir Sie sprechen.
Ihre emotionale Aufgewühltheit kommt klar zum Ausdruck und ist mehr als begründet.
FYG ging es genauso am 2. März bei hartaberfair, schlaflose Nacht inklusive:
http://www.freeyourgender.de/forum/view ... =671#p1166
Es Bedarf eines gewissen Trainings, solche Momente der Enttäuschung wegzustecken,
und auch noch darüber zu bloggen.
FYG bloggt über "Mein Sohn Helen" scheibchenweise, es kostet sehr viel Energie,
immer gegen diese Welt des Unverständnis anzuschreiben.
Katrina, wir sind ganz bei Dir und vielen anderen, die sich hier wieder mal völig falsch dargestellt fühlten.
Aber leider ist dies "nur" ein Unterhaltungsfilm und keine Doku,
daher bietet die ARD keine Angriffsfläche.
Aber politische Aussagen, und wie TS dargestellt werden, ist immer auch eine politische Aussage,
kann man wunderbar auch in Unterhaltungsfilmen verstecken.






























































































































































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