CXVII - virtuelles Gefängnis oder soziale Demontage

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JasminRheinhessen
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CXVII - virtuelles Gefängnis oder soziale Demontage

Beitrag von JasminRheinhessen » 16 Jul 2016, 13:50

10 Jahre für ein Verhalten,
dass niemanden gefährdet hat,
und für eine Straftat,
die im gleichen Jahr der Verurteilung - im Jahr 1994 - aus dem Strafregister entfernt wurde.
(>Löschung des §175)
Die vollen 10 Jahre mussten verbüßt werden,
bis zum Jahr 2004.
Und nein - dies ist keine Vorlage für ein Drehbuch,
sondern ein Beispiel aus der realen Welt deutscher Geschichte.
(zum Vergleich die Lage zu diesem Zeitpunkt in Deutschland:
am 1. August 2001 trat das Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft)

Wie ist das zu verstehen ?

Die Höchsstrafe, z.B. für Mörder in Deutschland ist lebenslänglich,
dies sind in Deutschland 15 Jahre.

Schon interessant, wie das Strafmaß hier gewichtet wurde für den §175 im Jahr 1994.
Einvernehmlicher Sex eines Erwachsenen mit einem 17-jährigen,
ein Schwerverbrechen im Jahr 1994.

Bewährungs- Haftverkürzung blieb aus.

Ein Blick auf die Erlangung des Status der Bewährungsstrafe, Verkürzung der Haft:

Die maßgebenden Faktoren für eine frühere Entlassung sind:

1. Die Freilassung kann unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses
der Allgemeinheit verantwortet werden

2. Es darf keine besondere Schwere der Schuld vorliegen

Beide Parameter waren hier erfüllt:
Sie waren gegeben durch die Aufhebung des §175 im Jahr 1994,
ein paar Monate nach dem Urteil.

1. Es lag keine besondere Schwere der Schuld vor
(>lag sie jemals vor?)
und die Mehrheit der Gesellschaft, vertreten durch das Parlament,
wollte diese Tat nicht mehr strafbewehrt sehen
(Bundestagsbeschluss)

Daher wäre eine sehr frühe Entlassung des Verurteilten, nach wenigen Monaten möglich,
und sehr einfach zu begründen gewesen.
Die Verurteilung und der Gerichtsbeschluss hätten nur noch ein Pro-Forma-Verwaltungsakt
darstellen können,
der kurz vor der Aufhebung des §175 noch zu rechtfertigen gewesen wäre,
die Richter hätten für ihr Urteil sogar ihr Gesicht gewahrt.

Das Urteil über die vollen 10 Jahre aufrechtzuerhalten zeigt,
dass es den Behörden nicht um die Rehabilitierung eines Menschen in einem Gefängnis ging,
was ja Sinn und Zweck einer Strafverbüßung ist.
Sondern es ging den Entscheidern um das "Bekämpfen des Verhaltens" insgesamt,
das Bekämpfen von Homosexualität, und es ging ihnen nicht um die Person die sie inhaftierten.
Es wurde ein Exempel statuiert,
um so lange wie möglich die Wirkung des Paragraph 175 entfalten zu können.
Damit wird die Strafbewertung zu einem kafkaesken Gesinnungsurteil,
die Entscheider waren befangen.
(>Homophobie)


A)
Kern ist Politische Betrachtung:

Homosexualität, bzw. der gesamte LGBTTIQ-Komplex,
wirkt in einem System mit patriachal-relgiöser Attitüte systemfeindlich:
Menschen, die sich "systemfeindlich" verhalten,
werden mit Höchststrafen "versorgt".
Systemfeinde = politische Feinde.

Warum ist homosexuell zu sein systemfeindlich.
Wir haben ein patriarchales System.
Männer, bzw. Menschen innerhalb der LGBT-Bubble,
die nicht heteronormativ leben,
bzw. nicht im dualgeschlechtlichen Modus ihre Identität definieren,
bzw. nicht ihr Geschlecht von ihrem Genital ableiten lassen wollen,
verraten auf ihre jeweilige Art und Weise diejenigen Männer,
die Nutzniesser des patriarchalen Systems sind.
Homosexuelle Männer, lesbische Frauen,
Transsexuelle, Transvestiten, Intersexuelle stehen dem autoritären, patriachalen,
frauenunterdrückenden Mann diametral entgegen.
(>wie sie das jeweils individuell tun, sprengt leider den Umfang,
den ich hier innerhalb des Kommentares einhalten sollte)

Homophobie, Transphobie ist eine Emotion, ein Gefühl,
dass von einem patriarchalen System erst generiert wird, und die Folge desselben ist.
Und, von diesem auch erwünscht wird, da dieses Gefühl das System schützt und bestätigt.
(> Generierung von Homophobie durch
z.B. die Unterdrückung von Ambitionen für einen Bildungsplan, der über diese Dinge aufklärt,
Tabuisierung und Stigmatisierung sind "Homophobie-Generatoren")


Zurück zum Punkt A) - Politische Betrachtung,
wir müssen für die politische Bewertung erkennen,'
dass das Patriarchat mit dem Kapital verknüpft ist.

Randnote:
"Weltliche" religiöse Macht- und Hirarchie Strukturen
färben politisch in säkulare Staaten, bzw. stehen diesen vor,
sie sind mit beiden Parametern, Kapital und Patriarchat verknüpft.
Sie benutzen diese Parameter für ihren Machterhalt.
(>beide Parameter unterdrücken Frauen)

Wir müssen erkennen, das Patriarchat und die Religion(en)
direkt verknüpft zu sehen mit dem Kapital (>Neoliberalismus).

Wir haben es mit einer Verzahnung zwischen:
Kapital <> Patriarchat <> Religion
zu tun.
Im Neoliberalismus, haben diese 3 Punkte
eine HIrarchie:
1. Kapital, 2. Patriarchat, 3. Religion

Religion wird zum Bittsteller des Kapitals,
dies war z.B. vor der Säkularisation nicht so,
und erst Bismarck sorgte hier für eine Zäsur
und Neuverteilung der Hirarchie dieses Dreigestirns
zugunsten des Kapitals, des Staates.

Alle 3 Faktoren, Kapital-Patriarchat-Religion bedingen sich selbst,
schützen sich gegenseitig, da sie alle voneinander profitieren.
(alle 3 Faktoren gehören zum rechten politischen Wirkkreis, zum Konservativismus)
daraus folgt:

Homosexuelle sind "Verräter" des Patriarchat,
aus verschiedenen Gründen, einer von diesen ist:
Sie können gegenüber Frauen loyal sein und müssen sie nicht politisch und sozial unterdrücken,
Lesben: Brauchen keine Männer für ihre soziale Anerkennung, für ihren Lebensentwurf,
Lesben sind für das Patriarchat desshalb ein Feindbild,
da sie sich von der Männerwelt unabhängig machen.

Ich kürze nun wieder ab: Der gesamte LGBT-Komplex greift auf
verschiedene Art und Weise das Patriarchat an.

Aus der Verknüpfung erfolgt:
Wird das Patriarchat angegriffen, wird auch das Kapital angegriffen:

Das Patriarchat ist ein Machtgefüge,
dass dafür sorgt, dass das Kapital auf der Seite der Männer bleibt.
(>Selbstversuch: Versuche "als Frau" in eine Managerposition zu kommen)

Um die Wirkung des Patriarchats zu verstehen,
gehen wir zurück auf die Zeit vor dem 1. WK:
(>Unterdrückung der Frau, weniger Bildung, keine Machtpositionen im Staat,
nur möglich durch Heirat eines Mannes,
>gesicherte Macht des Kapitals durch Erbfolge auf den 1. Sohn (Adel)
>Frauen verdienen weniger, bis heute, >Beschluß der Frauenquote, Bundestag 2015)

Wir müssen also verstehen, dass ein Verhalten, dass das Patriarchat angreift (LGBTTIQ),
das Kapital angreift.

(>eine Feministin ist in der Regel Sozialistin, Konservativismus (rechte Politik) ist gegen Feminismus,
desshalb ist LGBTTIQ linkspolitisch, die reaktionäre Gegenseite in der Regel rechtspolitisch)
Ich bitte die stark verkürzte Darstellung dieser These zu entschuldigen,
weitere Ausführungen sprengen den Raum dieses Kommentares.

Nur ein Hinweis noch zu dieser These:
Sozialismus, Feminismus in Verbindung mit linkspolitischer Politik war z.B. gegeben
durch die Verbindung (Freundschaft) zwischen der Sozialistin und Feministin Clara Zetkin
(>Kämpferin für das FrauenWahlrecht) und Rosa Luxemburg

Feminismus ist nicht in LGBTTIQ enthalten,
aber die Gemeinsamkeit ist entscheidend:
Beides bedroht das Patriarchat.
(und damit die Religion(en) und das Kapital)

Wenn wir jetzt die Macht des Kapitals in einem neoliberalen System bewerten,
können wir ermessen,
dass alles was dieses System angreift mit maximaler Macht bekämpft werden kann.

Dann sehen wir, dass ein Verhalten wie "schwul" zu sein,
den Status eines politschen Gegners bekommt,
weil LGBTTIQ gegen dieses patriarchale-religiöse-neoliberale (kapitalistische)System ist.

(>Verbindung Religion und Kapital: Reichtum der katholischen Kirche in Deutschland 2002:
270 Milliarden €,
bei den Immobilien: größter privater Grundbesitzer,
Haupteinnahmequelle: Kirchensteuer und Staatsleistungen, Untersuchung durch Carsten Frerk, 2001)

Schwule Männer sind also politische Gegner:
Politische Gegner werden bekämpft, in welcher Form auch immer:
Diskreditiert, ihrer Existenz beraubt, Sozial und finanziell geschwächt, oder gänzlich ruiniert.

Vorgehensweise in der Vergangenheit: Wegsperren, willkürlich, geräuschlos.
Zuchthäuser waren keine Gefängnisse, sondern "Anstalten".
hier kamen "systemstörende" Menschen in Verwahrung, ohne Urteile,
dies war in der Zeit vor dem 1. WK und vor allem im 19 Jhd. ein normaler Vorgang.
Die Zuchthäuser waren (System)"Erziehungsanstalten" und gleichzeitig "Betriebsstätten",
dort wurden unter privater Führung Werte geschöpft, gearbeitet, Zwangsarbeit verrichtet (>Kapital gebildet)

Randnote: In der JVA Würzburg werden Airbags gebaut und Lohnarbeit verrichtet.
DIe Verquickung zwischen "Strafen" und Kapitalbildung hat sich bis heute erhalten.

Zuchthäuser-Einrichtungen wurden in Deutschland erst 1969 abgeschafft,
zumindest am Ende dieser Zuchthausära gab es
juristische Urteile um "Bewohner" dieser Einrichtungen zu werden.

Früher wurden Menschen willkürlich in Zuchthäuser festgehalten, alle Gruppen waren im Fokus, die in irgendeiner Form dem System nicht passten:
Frauen, die sitzengelassen wurden, mit oder ohne Kind, Bettler, Prostituierte, Knechte und Mägde, deren Willen gebrochen werden sollte, politische Gegner, Menschen, die auf irgendeine Art (willkürliche Festlegung) "unehrenhaft" zu Geld gekommen sind, oder Menschen, die frei ihre Meinung gegen Religionen massiv äußern
Wir sehen hier an der spezifischen Art der Zielgruppen die Intentionen:
Mal sind es Frauen, die unterdrückt werden (patriarchale Intention), mal sind es Machtintentionen des Kapitals,
oder Machtintentionen von Religionen
(> die freie Meinungsäußerung wird bis heute mit dem §166 StGB eingeschränkt - Blasphemieparagraph,
der Beschimpfungen von Religionen strafbewehrt, bis zur einer Höchststrafe von 3 Jahren)

Gibt es heute noch eine Grauzone für Willkür ?

Eine indirekte willkürliche Inhaftierung,
wie es im 19Jhd ohne weiteres möglich war, ist heute m.M.n. durch die Einweisung in eine Forensik gegeben:
1. beliebiges Strafverfahren aus irgendeinem Grund
(bei Gustl Mollath ging es um Bedrohung gegenüber seiner Frau und um Sachbeschädigung - Reifen wurden zerstochen)
2. Bestellen eines psychologischen Gutachters, der den Angeklagen für "nicht zurechnungsfähig" erklärt.
3. Anstatt einer Verurteilung psychiatrische stationäre Verwahrung auf unbestimmte Zeit
> Forensik > "Krankenhaus" mit Gittern vor den Fenstern
4. Keine Haftstrafe bestimmter Dauer, sondern der leitende Arzt (keine juristische Person) bestimmt und bewertet,
wann der Mensch, der wie ein "Häftling" festsitzt, wieder frei kommt.

> Beispiel: Gustl Mollath
= er belastete die bayerische HypoBank = Kapital, war ein Angriff auf das Kapital
und wurde damit zu einem politischen Gegner des Systems

Justiz/Politik/Konservativismus:
> Beate Merk (CSU), die damalige bayerische Staatsministerin der Justiz,
verwies im Bayerischen Landtag darauf, dass von Mollath weiterhin Gefahr ausgehe.

Wenn wir uns bewusst machen,
dass wir immer dann zu politischen Gegnern des Systems
(Kapital-Patriarchat-religiöse Machtstrukturen)
werden,
wenn wir gegen das Kapital sind,
wenn wir LGBTTIQ nahe stehen,
wenn wir gegen Religion(en) sind,
können wir die Vergangenheit,
wie auch die Gegenwart besser verstehen.

Die Tatsache,
dass Menschen,
die Opfer dieser Systemmacht geworden sind,
weil sie politische Gegner waren,
und auch nach bereits abgeschlossenen Verfahren,
z.B. nach Absitzen von Strafen oder Forensik-Aufenthalten,
sehr ruhig werden,
ja sogar nur noch schweigen,
sich verstecken,
zeigt auf,
dass diese Menschen gelernt haben,
in welchem System sie leben.

Oscar Wilde starb 3 Jahre nach seiner Zuchthausstrafe,
die seine Gesundheit ruinierte,
ausserhalb von England, von dem er geflüchtet war,
unter anderem Namen, in Armut und sozialer Isolation.

Es ist wichtig zu erkennen,
dass ein Leben in einem System,
das homophob und LGBT-feindlich ist,
für Menschen, die LGBT nahe stehen,
in gewisser Hinsicht offener Strafvollzug bedeutet.

Diese Menschen werden in ihrem freien Denken,
in ihrer Möglichkeit sich sozial, finanziell und über Anerkennung zu entwickeln,
über "Moral und Bauchgefühl" diskreditiert.

Sie haben die Wahl zwischen "virtuellem" Gefängnis und einem Leben "Undercover",
oder sozialer Demontage ihrer Person.



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