CXIX - Begriffe und Sprache sind der Schlüssel für Verstehen

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JasminRheinhessen
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CXIX - Begriffe und Sprache sind der Schlüssel für Verstehen

Beitrag von JasminRheinhessen » 18 Jul 2016, 12:22

Ohne Änderung der Sprache können wir nicht verstanden werden


Neben vielen Diskursen im Bereich der sogenannten Trans-Problematik,
ist die Sprache, diese Problematik zu beschreiben,
zur Zeit eines der größten Probleme.

Dieses Problem wurde anscheinend noch viel zu wenig als solches erkannt.

Wir sind Frauen und Männer,
und werden beschrieben,
als Männer die "als Frauen" leben,
als Frauen die "als Männer" leben.

Mit der Sprache wird die Falschzuweisung bei der Geburt fortgeführt.

Und zwar genau im Sinne des Verständnisses, die diese Falschzuweisung erzeugt hat.

Es wird gesagt, es wurde ein Mann geboren, aufgrund seines Genitals,
und dieser Mann würde dann "als Frau" leben.

Angehängt wird noch ein Begriff für dieses Verhalten: Transgender.

Dieser Mann wechselt also seine soziale Geschlechterrolle,
evt. auch seinen Personenstand,
evt. unterzieht sich dieser Mann auch einer Operation,
um sein Genital "anzugleichen".

Was bleibt nun übrig, für den unbedarften Leser,
der aus dieser Verbalbeschreibung seine Erkenntnisse zieht ?

Wie weit ist diese Betrachtung von der Beschreibung,
die die Ähnlichkeit eines "umgebauten Mannes" hat,
wie es im Proll-Jargon öfter zu hören ist, entfernt ?

Ich bin der Meinung, die Sprache gibt genau diesen "umgebauten Mann" wieder,
bzw. einen Mann, der lediglich in der Frauenrolle lebt.



Wenn wir also nicht vehement die Medien darauf hinweisen,
ihre Sprache zu ändern,
und ihnen gleichzeitig sagen,
wie wir beschrieben werden wollen,
werden wir in der Gesellschaft nicht das Verständnis etablieren können,
nämlich dass wir Frauen und Männer sind, im gleichen Maße wie es andere sind,
auch wenn unsere körperliche Ausprägung abweicht.

Ich würde diese Sprachintervention in der Gesellschaft sogar
als Grundvorraussetzung sehen, um überhaupt eine Entwicklung in der
Gesellschaft in Bezug auf "Verstehen" zu erreichen.


Was versteht denn die Öffentlichkeit heute unter dem Begriff "Transe" ?
unter dem Begriff "Transgender" ? Unter "Transsexualität" ?


Wir können innerhalb der "Szene", in internen Vereinsgesprächen an "runden Tischen",
diese Begriffe für uns mit Dingen füllen wie wir wollen,
allein zählt doch, wie diese Begriffe von der Gesellschaft mit Inhalt gefüllt werden,
was in der Gesellschaft für ein Konsens darüber herrscht, was diese Begriffe bedeuten.

Im Moment sehe ich hier ein riesiges Defizit,
und in der LGBTTIQ Community sehe ich kein einziges streitbares Arbeitsgruppenfeld,
das hier eine Aufklärung bewirken will.

Ausnahme:
Einzig bei ATME flammen hier immmer sehr kritische Interventionen ab und an auf,
was die Sprache, und vor allem der mit falschem Inhalt gefühllte Trans-Begriff angeht.


Was wir brauchen ist in der Community einen gesamten Konsens über die Richtung, die die Sprache einnehmen muss,
alle SHG`s, alle Vereine, Organisationen müssen sich hier nach aussen zusammenschliessen,
und einen Sprachkatalog entwerfen, eine Art festlegen,
wie eine Frau und ein Mann sich beschreibt, beschrieben wird, die mit unpassenden körperlichen
Merkmalen geboren wurde, die zu einer falschen Geschlechtszuweisung geführt haben.

Das Sprach-Problem vergrössert sich nun dadurch,
dass der Begriff Transsexualität vom Begriff Transgender absorbiert wird,
dass hier Sexus- und Genderproblematiken vereinheitlich werden.

Daher sehen wir uns in Zukunft ständig damit konfrontiert,
Frauen, die Frauen sind, darzustellen als Männer, die "als Frauen" leben.


Der Begriff "Transsexualität" wurde im ICD10 psychopathologisiert,
der Inhalt dieses Begriffes war falsch.

Es wurden Männer beschrieben, die unter dem Zwang stehen, als Frau zu leben.

Durch die geplante Reformierung des ICD10 mit dem ICD11 im Jahr 2017
wird aber der Begriff "Transsexualität" nicht in dem Sinne reformiert,
dass nun im Verständnis ein souveränes Geschlecht Frau oder Mann entsteht.

Der Begriff "Transsexualität" wird lediglich entpsychopathologisiert,
aber der Begriff wird dann im Gegenzug "ge-gendert".

Man verschmilzt ihn jetzt mit dem Begriff "Transgender", spricht von "Gender-Dysphorie".
Der Begriff "Transgender" wird zum allesbeschreibenden Begriff,
der immer dann eingesetzt wird, wenn ein Mensch ausserhalb dualgeschlechtlicher Erwartungen
und Stereotypen lebt.
Und auch, und das ist das tragische, wenn er sich in Disharmonie mit seinem körperlichen Ausprägungen befindet.
Letztere Sichtweise wird nun noch mehr ausgeblendet,
aus der Falschdarstellung im ICD10 wird ein fast völliges Verschwinden im ICD11.

Der Begriff Transsexualität wird nicht reformiert,
mit nun richtigem Inhalt gefüllt,
sondern er beginnt zu verschwinden.

Das Verschwinden des Begriffes Transsexualität hat auch darin seine Ursache,
da dieser Begriff desshalb nicht ersetzt wurde,
da es sich ja bereits vorher laut Definition im ICD10 um Männer handelte,
die sich zwanghaft "wünschen", eine Frau zu sein, aber keine sind.

Daher war es ein leichtes, den Begriff im Genderismus zu absorbieren.

Nötig wäre aber eine Richtigstellung des Inhaltes dieses Begriffes,
was nicht erfolgt ist, sondern man hat ihn einfach fast gänzlich gelöscht.

Er erscheint nur noch als Randnotiz, weiterhin mit falschem, nun abgeändertem Inhalt (Gender-Dysphorie),
und wird in den Medien immer weniger verwendet,
Stattdessen wird Transgender verwendet, und die für alle
Fälle gelten sollende, universale, undifferenzierte Darstellung:
Transgender ist (eigentlich geschlechtlich) ein Mann der als Frau lebt.


Wenn der Begriff Transsexualität nun "Gender-Dysphorie" im Jahr 2017 als Inhalt bekommt,
liegt auf der Hand, dass durch diese Genderisierung,
die Ansicht, dass eine Frau keine Frau ist, sondern nur "als Frau" lebt,
weiter befeuert wird.


Was hat die Community dem entgegenzusetzen.

Wer hat diese Problem erkannt, wer kämpft dagegen an ?

Sicher, es mag auch Fälle geben, für die der Begriff Transgender
in der jetzigen Verwendung zutrifft,
aber wo bleiben Transsexuelle ? Im Sinne der Definitionen,
die sich Vereine und Organisationen auf die Fahnen schreiben ?

Diese Definitionen sind im Moment sprachlich völlig unsichtbar.

Abschliessend möchte ich hier mein Interesse bekunden,
wie die neue Gruppe (e.V.) der VTSM ihre eigene Definition
von Transsexualität, (Neuro-Genitales Syndrom, VTSM)
über die Sprache transportiert sehen will ?

Ist die VTSM mit der aktuellen Sprache in den Medien einverstanden ?

Wenn nein, welche Bemühungen sind geplant, in den Medien,
in der Gesellschaft, in der Öffentlichkeit eine Sprache zu etablieren,
die die VTSM-Definition verständlich machen kann,
eine Sprache, die diese Definition auch ausdrückt ?

Auch wenn Vereine, Organisationen nicht ganz deckungsgleiche
Definitionen des Begriffes Transsexualität haben,
so haben sie alle doch das gleiche Problem:
Das alle ihre spezifischen Definitionen nicht im öffentlichen
Sprachgebrauch abgebildet sind.

Und: Sollte eine Organisation "ihre Definition" im Sprachgebrauch etablieren,
dürfte jede Definition näher an einem souveränen Geschlecht liegen, als der jetzige Sprachgebrauch der Öffentlichkeit.

Daher ist es im Moment zweitrangig,
welche Organisation sich durchsetzt,
sondern dass der aktuelle Sprachgebrauch nicht so weiterläuft,
wie bisher.

Es wird im aktuellen Sprachgebrauch lediglich von Geschlechterrollen gesprochen, es wird eine Art "Dauer-Travestie gemeint,
es wird nicht von souveränen Geschlechtern gesprochen.
Souverän im Sinne von:
Ich bin Frau, auch ohne die genderisierten Parameter.
Allein aufgrund, dass ich so geboren wurde,
wenn auch mit unpassender körperlicher Ausprägung.

Ich denke, in diesem Punkt sind sich die meisten
Organisationen, wenn sie nicht völlig genderisiert sind,
einig.

"Die Grenzen meiner Sprache, bedeuten die Grenzen meiner Welt"
(Wittgenstein)


Als Sprach-Beispiel der Öffentlichkeit möchte ich einen Leserbrief eines sogenannten "Transgenders" vom 17. Juli 2016 verlinken,
der in der Süddeutschen Zeitung erschien:
Wie der Transgender sich beschreibt,
würde ich hier auf Transsexuelle tippen,
dies geht aber aus der Sprache nicht eindeutig hervor:
http://www.sueddeutsche.de/karriere/bew ... -1.3078028

Randnotiz und nur nebensächlich interessant:
Die Frau, die den Leserbrief beantwortet,
geht nicht auf die Passingproblematik ein,
was sehr verwunderlich ist,
sondern nur auf die Gesschlechterrollenproblematiken,
die ausserhalb von Passingproblemen existieren,
auf die Geschlechterproblematiken im Sinne
von Gleichstellung zwischen Mann und Frau.
Die Frage wurde daher nur unzulänglich beantwortet,
da die Antwort keine transspezifischen Probleme aufgreift.



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