CXXV - zwischen Rebellentum und Opportunismus

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JasminRheinhessen
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CXXV - zwischen Rebellentum und Opportunismus

Beitrag von JasminRheinhessen » 26 Aug 2016, 13:59

Wenn es Dir möglich ist,
eine "Zwischenlösung" in der dualen Geschlechterwelt zu leben,
gehe diesen Weg.
Dazu möchte ich Dich ermutigen:
Ich weiss, vielen ist das nicht möglich, sie haben keine Option,
brauchen die Anerkennung von "dualgeschlechtlich Denkenden" der Gesellschaft,
die nur Frau und Mann kennen - dazwischen die imaginäre dicke roter Linie.

Was meine ich mit Zwischenlösung ?
Das dir egal ist, wenn Du nicht im Sinne dieser dualgeschlechtlich Denkenden lebst,
Dich nicht in deren Sinne dich verhälst, und auch nicht so aussiehst, wie sie dies erwarten.
Natürlich ist das nicht immer möglich, das schrieb ich bereits,
aber wenn es eine Möglichkeit für Dich geben sollte, verzichte auf diesen Teil
der Gesellschaft, es ist der grössere Teil, sicherlich, auch der Teil,
an dem oft (nicht immer) Deine finanzielle Existenz hängt.
Wenn es Dir aber strategisch möglich ist, auf diese Menschen zu verzichten,
so geh diesen Weg, lasse diese Anerkennungsbestreben für diese Menschen sein.

Wenn es Dir nicht möglich ist, aus seelischen Gründen, aus Gründen die für Dich existentiell sind;
finanzieller Art (z.B. Jobsituation), dann versuche diesem dualgeschlechtlichem System zu entsprechen.
Aber gehe hier nicht mehr Kompromisse ein, die nötig sind, dass Du nicht völlig aus diesem
"System" herausfällst, aufgrund der Abstossungsreaktion, die Du dann erfahren würdest,
wenn Du dualgeschlechtlichen Erwartungen nicht mehr erfüllst.
Und: Erwarte keine Wunder, Wunder die sich Toleranz und Akzeptanz nennen.
Diskriminierung findet im geschlechtlichen Kontext hinter vorgehaltener Hand statt,
Rückschläge erfolgen nicht vor Deinem Gesicht, sondern hinter Deinem Rücken,
Intrigen und Ausreden, warum Du jetzt Deinen Job verlierst sind die Dinge, die Du dann zu erwarten hast,
der eigentliche Grund, Deine Abweichung, Deine Nichtkompatibilität zur dualgeschlechtlichen Normenwelt,
wird nicht benannt.
Die Antidiskriminierungskämpfe sind soweit gediehen, dass das Aussprechen geschlechtlicher Diskriminierung nicht mehr offen möglich ist, aber das ist schon alles. Nun wird eben indirekt diskriminiert.
Der Aggressor ist nicht mehr angreifbar. Keine Chance für Dich. Du fällst aus diesem "System", dass Dich nicht will,
heisst: die Aufgabe für Dich muss sein:
Wie kannst Du in diesem System trotzem gut leben, ohne Dich gänzlich zu verraten.
Diesen Kompromiss gilt es zu finden, und wenn es Dir möglich ist, diesen möglichst klein zu halten,
dann halte ihn klein, wenn er gross sein muss, um überleben zu können, versuche ihn gross zu machen,
soweit es Deine Seele verkraften kann.
Viele Seelen können die nötige Grösse des für ein normales Leben nötigen Kompromisses nicht verkraften, desshalb haben wir die hohe Suizidrate bei Trans-Komplex-Thematiken.

Wenn es Dir seelisch aber möglich ist, auf ein Teil der Gesellschaft zu verzichten,
auf deren Anerkennung,
dann verzichte auf diesen Teil - es ist der grössere Teil der Gesellschaft.
Du wirst dann von diesem Teil herabgestuft, abgewertet.
Mache nicht den Fehler, dass Du nur aus Gründen der Anerkennung hier diesem Teil der Gesellschaft
Zugeständnisse machst.

Anerkennung "einzukaufen", indem Du Dich verrrätst, ist der Anfang vom Ende.
Ich möchte diesen Teil der Strategie, auf Anerkennung von bestimmten Teilen der Gesellschaft zu verzichten,
im restlichen Artikel näher eingehen, am Beispiel einer anderen "Baustelle",
am Beispiel Spiessertum <> alternative Lebensformen in bezug auf Kapitalismus.

Die Strategie des Anerkennungsverzichtes zur genannten Ebene der kapitalistischen neoliberalen Ausrichtung der Gesellschaft bleibt äquivalent zu der Schnittstelle: dualgeschlechtliche Verständniswelt der Geschlechter vs. Intersexualität, Trans-Thematiken.

Eine Freundin berichtete mir kürzlich von einer Liebesgeschichte, zwischen einer Frau;
die Mona hieß und Ingo - die sie als sehr authentisch und wertvoll beschrieb,
eben weil es in dieser Beziehung nicht um Geld ging, weil das Thema Kapital für diese Verbindung
der Beiden keinerlei Rolle spielte.

Ich schrieb ihr folgende Zeilen, diese Zeilen kannst Du adaptieren als Problemlösung
für Dich, dass Du für Deine Transthematik den möglichst authentischeren Weg gehst,
der für Dich noch machbar ist, der noch in Deinem Entscheiungsbereich liegt,
will sagen: Dich so wenig wie möglich für die Gesellsdchaft verbiegst,
in der Du nun mal leben musst. Aber Dich soweit verbiegst, wenn es Dir möglich ist,
dass Du nicht völlig aus der Gesellschaft rausfällst.
Rausfallen heisst: Finanzielle Not, Soziale Not, Existenzielle Not erleidest;
aufgrund Deiner Unmöglichkeit, Kompromisse machen zu können.
Ich muss hier wiederholen: Nicht immer liegen Dir alle Möglichkeiten bereit,
Dich opportun zur dualgeschlechtlichen Normenwelt zu verhalten,
aber wenn Du Möglichkeiten hast, gilt es diese abzuwägen, ob Du in Gefahr gerätst,
wenn Du gewisse Weichen stellst.

Zurück zu meinem Beziehungsbeispiel, dem Pärchen Mona und Ingo,
ich schrieb meiner Freundin, und wie ich bereits schrieb,
soll das, was ich ihr als Antwort schrieb Dir helfen, auf Anerkennung des anders denkenden
und fühlenden Teiles der Gesellschaft zu verzichten:

Ja - was Du an Mona und Ingo liebst, ist das authentische,
das, was wesentlich ist, wenn man Kapital wegdenkt.
Das was dann noch "bleibt".
Desshalb laufe ich so herum, dass mich niemals eine Frau
interessant finden könnte, die eine "gute Partie" sucht.
Ich bin für diese Frauen sozuzsagen nicht vorhanden, nicht sichtbar.
Obwohl ich ja eine "gute Partie" durchaus in ihrem Sinne wäre:
(Selbständig, Wohneigentum, schuldenfrei = die kapitalistische Bewertung)
Aber: Ich will nicht von diesen Frauen angesprochen werden,
die das eben dann tun würden, wenn ich in weissem Hemd, Stoffhose und Lackschuhen rumlaufen würde.
(an absolutely horrible imagination !)
Randnotiz > abgesehen davon, dass ich nicht nur ein Männerbild abgeben würde,
dass des Versorgers, sondern gar kein Mann bin, der bin ich nur in ihrer dualgeschlechtlichen Verständniswelt.

Hast Du die Bücher "Die Abenteuer des Tom Sawyer und
"Die Abenteuer des Huckleberry Finn" von Mark Twain gelesen?
Ich hab mich als Kind schon immer mit "Huck" identifiziert,
nicht wegen seinem Geschlecht, sondern wegen seiner Authentizität.
Tom war für mich (damals als Kind natürlich unbewusst) der Vertreter und "Befolger" von Normen und
Regeln, er musste gehorsam sein, das Spiessertum wird mit dem Protagonisten Tom hervorragend beschrieben - seine Tante erzieht ihn streng, er hat ordentliche Sachen an und - kurz gesagt, spiegelt sozusagen den Neoliberalismus wider,
während Huck das Rebellentum, die Freiheit, Unabhängigkeit und Lebensfreude widerspiegelt.

Leben muss immer authentisch sein, auch Liebe (Mona und Ingo),
alles andere ist eine Farce, eine Lüge und führt unweigerlich ins seelische Fiasko, in Lebenskrisen;
wenn diese "nichtauthentischen" Kartenhäuser dann zerbrechen.

Authentizität kann nicht zerbrechen, sie legitimiert sich durch sich selbst.

Sie stellt keine Rechnungen aus, die wenn nicht erfüllt werden, seelischen Schmerz bereiten.

Nach der Trennung zu sagen: ich hab das alles für Dich getan, und was machst Du ?
Du enttäuscht mich !
> Diese meine ich mit Rechnungen die nicht bezahlt werden,
Rechnungen sind Erwartungen die gestellt werden.

Tom fühlt sich zu Huck genau desshalb hingezogen, weil der ihm genau das vorlebt,
was er nicht hat, nicht kann, nicht darf.

Ich habe erst spät Menschen in meinem Leben kennengelernt, die wie "Huck" lebten,
ich fand das absolut faszinierend, befreiend für mich,
denn durch mein Elternhaus war ich eher ein Tom geworden.

Ich musste aber auch beachten, von den "Huck-Lebensmodellen" abzuweichen,
Abstriche zu machen, Kompromisse, musste mich von einigen Menschen sogar
trennen, die "zuviel" Huck-Potential für mich enthalten haben, dass dann für mich zuviel geworden wäre.
Aber, ich habe sehr viel "Huck" in mir integriert, viel von "Tom" abgeworfen, fallen gelassen,
das hat mich sehr befreit, aber dies ging/geht eben nur bis zu einem gewissen Punkt.

Wo dieser Punkt liegt, muss jeder Mensch für sich selbst ausloten.

Ich habe viel von Tom für mich abgestreift, sehr viel, dieser eher spiessige Tom, der ich vorher war,
bevor ich Menschen wie "Huck" kennenlernte, würde ich nie mehr werden wollen.

Ein grosser Anteil muss für mich wie Huck sein, das bin ich wirklich, das ist für mich authentisch,
gesund, real und wahr, aber nicht soviel,
dass ich nicht mehr handlungsfähig bin in der "kranken neoliberalen Welt",
in der ich letztentlich existieren muss.
Ein Märtyrer möchte ich nicht sein. Darin sehe ich für mich keinen Sinn.

Kompromisse dürfen sein, aber möglichst klein, nein sie dürfen nicht nur sein,
sondern müssen sein:
Menschen die kompromisslos "Huck" sind, stranden in der "kranken" Welt im Aus, im Abseits.

Du musst Dich zu einem gewissen kleinen Teil mit der "kranken Welt" verbünden,
da es nicht anders geht.

Ähnlich wie ein Chinesenrestaurant, das aufgefordert wird,
Abgaben an die chinesische Mafia zu zahlen,
wenn es das nicht tut, fliegt es aus der Strasse raus.
Aber dieser Kompromiss muss eben so klein wie möglich bleiben.

Die gehirngewaschenen Mainstreammenschen, die durch Werbung ferngesteuert werden,
durch eingepflanzte Sehnsüchte und Wünsche Getriebene,
mit "Glücksanleitungen" vollgepumpt werden, wie sie möglichst viel "Anerkennung" von anderen Gehirngewaschenen erhalten, (Du musst Dir den neuen Porsche kaufen)
sind eben ganz und gar nicht auf diesem Minimumlevel an Kompromissen.

Sie haben die "kranke Welt" komplett inhaliert und leben sie selbst, sind ein Teil von ihr geworden,
leben und handeln im Sinnde dieser "Welt", verinnerlichen sie,
richten ihre Werte und Maßstäbe nach dieser Welt aus.

Dass führt dann eben auch zu Beziehungen, die nach diesen "kranken" Werten bewertet werden:
Wird eben dann immer sichtbar, wenn z.b. eine Frau denjenigen Mann nimmt, der eine "gute Partie" ist,
den anderen (finanziell Ärmeren, bzw. den, der sozial schon ausgegrenzt wurde, weil er den gesellschaftlichen neoliberal-kapitalistischen Erwartungen nicht entspricht)
laufen lässt.

Wenn uns auffällt, dass es neben diesen "kranken" Beziehungen
(kapitalistische Bewertung zählt alleinig, sonst nichts)
auch authentische Beziehungen gibt,
stellen wir nur fest, dass wir uns in einer kranken Welt befinden.

Festzustellen, dass das, was wir als normal ansehen, nicht authentisch ist,
also künstlich, ist der Beweis der Gesellschaft als künstliche kranke Konstruktion - als das Gegenteil
von Authentizität, abseits von humanen Gefühlen, Emotionen,
allein Parameter, die im Sinne des Konstrukts sind, zählen.
(Kapitalismus ist ein inhumanes, emotionsloses Konstrukt)

Wer aus dem "kapitalistischem Bewertungssystem" aussteigt,
erfährt von den Befürwortern dieses gesellschaftlichen (grössten und wichtigsten) Teiles
Ausgrenzung, Abwertung und Separierung.
Da wir in einer Gesellschaft leben, die nur auf Effizienz in monetärer Hinsicht ausgerichtet ist,
in der derjenige, der altruistisch denkt, als dumm und als Idiot dargestellt wird,
da er ja keinen "Gewinn" macht, ist ein Existieren in dieser Gesellschaft dann nicht mehr möglich,
wenn man die geltenden Spielregeln für sich verwirft.

Für Anerkennung aus der "kranken" Welt gilt es ausserdem,
eine stetige imaginäre monetäre aber unsichtbare (lediglich Zahlen auf Konten)
Steigerung (Wachstum) zu bedienen.
Du wirst aber, egal auf welcher Position Du bist,
Dich immer dafür rechtfertigen müssen,
warum Du nicht in einer noch höheren Position bist,
bzw,. diese nicht anstrebst. (>Erfüllung des Wachstumszieles)

Allein aus dem Grund, da Glück und Zufriedenheit ja nur
aus "mehr mehr mehr", erwachsen kann, nach den Spielrelgen des
Neoliberalismus - Glück ist Wachstum, und zwar Wachstum, was immer schneller wächst.

Wer ganz pragmatisch über dieses Ziel nachdenkt, sieht,
dass dieses Ziel idiotisch weil unerreichbar ist,
weil es nicht erreicht werden kann.
Glück, auf einem Status Quo ist in diesem kranken System nicht vorgesehen.
Eine ständige Aufforderung "weiterzumachen" liegt permanent in diesem System vor,
und ist Teil des Systems.

Du musst Dich rechtfertigen:
Was, Du hast kein Auto ? Wieso ?
Was, Du fährst so eine alte Karre ? Wieso ?
Was, Du hast eine Beule an Deinem Auto - warum reparierst Du sie nicht ?
Was, Du fährst nicht das neueste BMW Modell ? Wieso ?
Warum niimmst Du nicht den BMW mit 200 PS ?
Was, Du fährst nicht in Urlaub ?
Was, Du fährst nur einmal in Urlaub imj Jahr ?
Warum fährst DU nicht mehrmals im Jahr in Urlaub ?
Was, DU hast kein Bungalow das ganze Jahr über in Süditalien gemietet ?
Was, Du mietest Dir ein Boot am Hafen = hast Du kein eigenes ?
Was, Du hast keine grössere Yacht ? Deine ist aber klein ?

usw usw...

Aussteigen heisst hier - auf jede dieser Art von Anerkennung zu verzichten,
sich auch nicht mehr zu erklären.

Ich war diese Woche öfters mit zerrissener Hose (vorne am Knie) einkaufen.
Ich bin komplett nicht mehr "gesellschaftsfähig" mit diesem Aussehen:
Teilweise glotzen die Leute, und ?
Diesen Teil der Gesellchaft brauche ich nicht - möchte nicht an ihr teilnehmen.

Der sehr kleine Teil der Gesellschaft, der so denkt wie ich, sind für mich wertvoll.
Das sind die Huck`s die zusammen am Lagerfeuer sitzen und Kartoffeln braten,
sie haben dieses Schmunzeln auf den Lippen und spüren die Lebensfreude im Bauch:
die sagt: ja - das ist es. Dazu muss nichts gesagt und erklärt werden.

Authentisches Glücksgefühl kommt automatisch und muss nicht hinterfragt werden.

Und nein - ich brate nicht ständig Kartoffeln am Lagerfeuer,
das Schmunzeln und das wohlige Gefühl im Bauch habe ich aber auch immer dann,
wenn ich mit denjenigen "Huck`s" zusammen bin,
denen ich nicht erklären muss, warum ich kein Mann bin.

Das verstehen sie, ohne Anstrengung.

Anderen kann ich das nicht erklären.

Genausowenig, wie ich einem gehirngewaschenen Konsum-Menschen,
der Anerkennung Gleichkranker über Konsum "einkauft",
erklären kann,
dass mir seine Ablehnung und Ausgrenzung,
weil ich nicht gesellschaftskompatibel gemäss seiner kranken Konsumgesellschaft bin,
am Popo vorbeigeht.



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