CXXXVIII - Differenzfeminismus in Bezug auf Transfrauen

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JasminRheinhessen
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CXXXVIII - Differenzfeminismus in Bezug auf Transfrauen

Beitrag von JasminRheinhessen » 15 Okt 2016, 12:41

Sogenannte "trans"Frauen und Frauen - beide haben als Gegner das Patriarchat,
dass sich im wesentlichen auf die Säulen:

Heteronormativität
Beispiel: (alles was nicht hetero ist, wird abgewertet)

Dualgeschlechtlichkeit (es gibt angeblich keine Vielfalt)
Beispiel: Intersexualität wird Tabuisiert

und den Genitalismus
Beispiel: Geschlechtszuweisung der Babys anhand der Genitalien

stützt.

Das Heteronormativitätskonstrukt,
dass dieses Regelwerk moralisch "untermauert",
prägt Frauen und Männer schon während der Erziehung.

Darunter leiden alle Menschen,
die nicht in dieses Regelwerk passen.

Feminismus ist eine Abwehrreaktion dieser Regelwerke.

Was wir brauchen ist eine Integration der "trans"Frauen-Problematiken,
in den Feiminismus bzw. umgekehrt.

Eine sogenannte "trans"Frau ist nichs anderes als eine Frau,
die durch das Patriarchat mit anderen MItteln
falschdargestellt und unterdrückt wird,
als wie es mit einer Frau geschieht.

Der Gegenwind beider "Gruppen", "trans"Frauen und Frauen,
kommt aus der gleichen Ecke.

Schon bei der Betrachtung dieses Gegenwindes gegenüber "trans"Männern sehen wir die Differenzierung und die
hier andere Wirkweise des Patriarchat:
Beispiel:
Es gab nie einen Operationszwang im Transsexuellengesetz für "trans"Männer.

Die Trennung des Kampfes von "trans"Frauen und den Frauen
ist leider unübersehbar.
Anscheinend wurde der gemeinsame Gegner noch nicht
als identischer Gegner wahrgenommen.

Schade, denn beide Lager können die gleichen Gegenargumente verwenden, um sich aus der Unterdrückung zu befreien.

Wirkweise des Patriarchats nutzen:
Klar, wenn ich einen Rock anziehe,
werde ich eher als Frau in der Gesellschaft gelesen,
als mit einer Jeanshose.
Warum:
Weil ich dadurch das Heteronormativitätskonstrukt,
eine Regel des Patriarchats, erfülle.

Eine (feministisch agierende) Frau,
die gegen das Patriarchat und deren Regelwerke ankämpft,
verweigert den Rock und zieht sich eine Jeanshose an,
entzieht sich somit zu einem gewissen Teil des Rollenklischees "Frau".

Eine sogenannte "trans"Frauen möchte nach aussen zeigen,
dass sie eine Frau ist und ist daher dazu geneigt Rollenklischees zu erfüllen,
die eindeutig Frauen zugeordnet werden,
Klischees die dem Patriarchat entstammen.

Aber:
Es ist ein Unterschied, ob eine Frau etwas freiwillig tut,
oder es tun soll:
Röcke, Kleider (bis zum Boden), lange Haare (offen oder hochgesteckt)
waren vor dem 1. WK obligatorisch für Frauen,
wich eine Frau davon ab, wurde sie mit Missachtung gestraft.

Es gibt also eindeutige Eigenschaften,
die wenn eine Frau diese erfüllt,
von der patriarchalen Männerwelt übersetzt werden:
Hier haben wir eine Frau.
Heute (2016) noch werden davon abweichende Frauen,
Frauen in "nichtweiblicher" Kleidung,
von Maskulinisten als "Lesbe" diskretitiert,
Lesbe in negativer Konnotation gemeint.
Sie sind dann für diese Männer "minderwertige" Frauen.

Ein Paradoxum zwischen feministischen Frauen und sogenannten "trans"Frauen ist nun ihre Reaktion auf das Patriarchat.

Nämlich dass (sehr oft) feministische Frauen diese Klischees ablehnen,
um nicht vom Patriarchat verreinnahmt zu werden,
z.B. mit kurzer Frisur, Unisexkleidung,
und "trans"Frauen, damit sie als Frau besser gelesen werden vom Betrachter, sich dieser patriarchalen Klischees bedienen,
um ihr Passing "Richtung Frau" zu verbessern:
Wir sehen dann (sehr oft) die Miniröcke, die Kleider, lange Haare,
lackierte Fingernägel, Lippenstift usw,
genau dass, was Feministinnen verweigern,
um nicht dem Patriarchat gerecht zu werden.

Wer ist nun die Verräterin ?

Es kommt immer darauf an,
ob ich "es" freiwillig tue:

Fall A:
Die Feministin, die eigentlich lieber gerne Miniröcke tragen würde,
aber es nicht tut,
um nicht ihre MItstreiterinnen zu verraten, verrät sich selbst.

Fall B:
Die "trans"Frau, die lieber Jeanshosen tragen würde,
und zum Minirock greift, um ihr Passing zu verbessern,
verrät sich selbst.

Beide verraten sich desshalb selbst,
weil sie auf das Patriarchat für ihre jeweiligen Ziele die sie haben "reagieren".
Im Fall A das gesellschaftspolitische, im Fall B ist es Passing,
genauer: patriarchales Passing.

Die Feministin, die sich eine Latzhose anzieht,
obwohl sie lieber Miniröcke mag,
und die "trans"Frau, die nur desshalb Miniröcke anzieht,
damit sie möglichst en femme "wirkt".
Diese Wirkungen sind im patriarchalen Umfeld vorhersehbar und rekonstruierbar, da das Patriarchat ohne Regelwerke, die wir im Heterosexualitätskonstrukt wiederfinden, nicht auskommt.

Wenn wir Frauen in Hosen fragen,
warum sie keinen Rock tragen,
hören wir sehr oft die Antwort:
"Weil sie bequemer sind".
Das ist aber meist eine Ausrede,
oft spielt unbewusst die Ablehnung des klassischen Rollenklischees die
Hauptrolle für diese Entscheidung.

Wenn wir "trans"Frauen in Miniröcken fragen,
warum sie diese gerne anziehen,
hören wir oft die Antwort:
"Weil ich das mag"
Sie mögen es aber vor allem desshalb,
weil sie dann ihre innere Weiblichkeit nach aussen besser für andere sichtbar machen können.
Sie mag das Ergebnis, die Reaktion beim Betrachter.
Man stelle sich eine Travestieshow, in der Frauen von Männern dargestellt werden, ohne Röcke vor.
Es würde fast keine Reaktion mehr beim Betrachter entstehen,
der gewünschte Effekt würde ausbleiben.

Die feministische "trans"Frau wiederum geht den Weg der Feministinnen:
Sie will nicht als Sexobjekt gesehen werden,
und bleibt unauffällig, greift zur Hose.

Auch sie verrät sich selbst:
Denn schon in dem letzten Satz ist die Ursache ihrer Entscheidung includiert:
Sie trägt die Hose nicht desshalb, weil sie lieber Hosen mag,
sondern "weil sie nicht als Sexobjekt" gesehen werden will.
Auch sie reagiert auf das Patriarchat.

Immer wenn wir auf das Patriarchat reagieren,
sind wir nicht mehr selbstbestimmt.

Wir tragen nicht mehr das, was uns eigentlich selbst gefällt.

"Das Gegenteil ist auch verkehrt"
Dieses Zitat stammt von Antje Schrupp -
eine Differenzfeministin:

Feminismus ist danach (nach meinem Verständnis des
Differenzfeminismus, mit meinen Worten) frei und selbstbestimmt,
wenn Du nicht das Gegenteil machst, um das Patriarchat zu bekämpfen.
Wenn Du frei entscheiden kannst,
und das Patriarchat nicht in Deiner Entscheidung berücksichtigst.

Das führt dann zur Auflösung von Geschlechter-Klischees,
und deren mitgelieferten Unterstellungen.

Viele haben dann die Befürchtung,
es gäbe keine Weiblchkeit und Männlichkeit mehr,
es würde alles zu einer einheitlichen uniformen Masse werden,
aber das ist eine falsche Annahme:

Es wird trotzdem Frauen geben, die sich für Hosen oder Röcke
entscheiden, wir würden dann aber als Betrachter wissen,
dass sie dies tun, weil sie es eben selbst schöner finden,
und es nicht eine "Reaktion" auf Umstände von aussen ist,
die man entweder bekämpfen will (Feministin in Latzhose),
oder die man sich zunutze machen will ("trans"Frau im Minirock).

Diese selbstbestimmten Frauen und "trans"Frauen
gibt es natürlich heute auch schon,
die nicht "ragieren", sondern agieren,
aber durch die Rollenkonstruktion können wir das nie wissen:
Wir haben immer die Unterstellung auf den Lippen,
dass sie das nur tut, weil....
Sie wird schwer glaubhaft machen können,
dass Sie das aus eigenen freien Willen macht.

Wir hätten also bei einer Rollenauflösung in Bezug auf Klischees
(theoretische Annahme)
eine höhere Transparenz von Authentiziität.

Wir würden Frauen nicht mehr ständig unterstellen,
dass sie mit ihrer Kleidung eine gesellschaftspolitische Botschaft
in Bezug auf Geschlechter ausdrücken wollen.

Man denke an die Schulterpolstern für Oberteile in den 80igern des 20 Jhd., die auch von Frauen getragen wurden.
Diese breiten Schultern bei Frauen hatten in ihrer Wirkung zu dieser Zeit
schon eine Travestie-Attitüde, ähnlich Marlene Dietrichs
Outift in "Der Blaue Engel" in den 30igern,
als sie mit Zylinder und Wrack die Kinokassen füllte.

Differenzfeminismus ist ein Feminismus,
der keine "Wirkung" des Patriarchats zulassen will:
Eine Frau trägt dann einen Minirock weil er ihr gefällt;
oder eine Hose, oder ein Business-Outfit, ein Kostüm,
mit Bluse, Sakko und Rock bis zu den Knien.

Differenzfeminismus will (m.M.n.) sagen:
Das Gegenteil ist auch verkehrt,
wenn wir also das Gegenteil machen,
was das Patriarchat von uns verlangt.

Wäre es nicht schön,
nicht in eine Schublade gesteckt zu werden,
wenn Du einen Minirock anziehst ?

Beispiel am Schluss:

Eine "trans"Frauen in Hosen sagt zu einer anderen im Minirock:
"Du siehst nuttig darin aus, sowas würde ich nie anziehen,
Du bestätigst damit das Klischee, dass wir ("trans"Frauen)
nur Travestie machen", das andere sagen, wir wären keine "richtigen" Frauen, weil wir uns so kleiden,
es muss sich (aufgrund der sexualisierten Kleidung) um Männer handeln, die das nur aus Geilheit machen.

Mit dieser "Annahme" bestätigt Sie Rollenklischees des Patriarchats,
desshalb, weil ihre Unterstellung Oberhand gewinnt,
Oberhand über die Annahme, die "trans"Frau im Minirock könnte
dieses Outfit nur desshalb wählen, weil sie Miniröcke liebt,
und nicht "nur" ihre Wirkung beim Betrachter.

Sie unterstellt der Trägerin, sie würde auf das Patriarchat reagieren,
und würde NICHT selbstbestimmt den Minirock für sich tragen.

Sie unterstellt der Tragerin, dass sie Rollenklischees des Patriarchats
nutzt, um "weiblicher" zu wirken.

Würde sie nun differenzfeministisch denken,
würde sie der Trägerin Selbstbestimmtheit zugestehen,
da das Patriarchat dann in ihren Gedanken keine Rolle mehr spielen würde.
Feminismus hat ja als Ziel, patriarchale Einflüsse zu neutralisieren.

Umgekehrt führt diese Unterstellung von ihr automatisch
zu ihrer eigenen Reaktion auf das Patriarchat:

Sie will es nicht bedienen, und trägt lieber eine unauffällige Hose.
(wie die Feministin in Latzhose)
Aber sie bedient es aber gerade dadurch,
gerade weil sie sich nur desshalb für die Hose entscheidet,
um nicht in die gleiche Erklärungsnot zu geraten,
dass sie "nuttig" aussehen wolle,
und damit die abgewertete Frauenrolle einnimmt.

Nicht das "nuttig" per se negativ konnotiert wäre,
aber in der Konstruktion des Patriarchats gehört es zu einer von vielen
Regeln, dass eine Frau, wenn sie sich von Männern unabhängig macht, kritisiert werden muss.
Ähnlich einer "Lesbe", die keine Männer braucht,
und sich somit dem Patriarchat entzieht.

Wenn also das Patriarchat für die Hosenträgerin
(die feministische "trans"Frau)
keine Rolle spielen würde, wenn sie differenzfeministisch denken würde,
würde sie keine Hosen tragen, nur aus dem Grund, nicht nuttig wirken zu wollen.

Dann würde sie auch nicht die Trägerin des Minirocks unterstellen, sie würde sich dem Patriarchat andienen, unterordnen.

Sondern sie wäre selbstbestimmt, würde selbstbestimmt handeln
(und nicht eine Reaktion auf das Patriarchat zeigen),
und aus diesem ihrem differenzfeministischem Selbstverständnis heraus,
würde sie dann auch die Trägern des Minirockes sehen können:
Sie würde dann von sich ausgehen und ihr sagen:
Hey - der Rock steht Dir gut !
(und nicht: Du siehst nuttig aus)

Macht euch nicht zur Sklavin des Patriarchats.



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