CL - Die Wahrheitspille

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JasminRheinhessen
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CL - Die Wahrheitspille

Beitrag von JasminRheinhessen » 18 Nov 2016, 10:57

Heute Nacht hatte ich einen Traum,
ich träumte, ich saß in einem Cafe,
um meine Wahrheitspillen zu testen,
ein fast auswegsloses Projekt,
aber zu früh aufgeben, nein.

Der Traum gab mir sozusagen eine Art Erfolgsgefühl,
ja es war spannend dieser Traum,
als würde es wahr werden, das Ziel erreicht sein !

Rosemarie kam pünktlich ins Cafe,
sie bestellte förmlich einen Kaffee, sie hatte keinen Hunger:
Ihr war es eher wichtig, mir meine Fragen zu beantworten.

Rose, so nannte ich sie während des Gesprächs,
gehört zu den sogenannten Transsexuellen,
die sich einer Operation unterzogen hatten.
Also dass auch zwischen den Beinen alles so aussieht und ist,
wie bei einer Frau.

Ich begann mit dem schwierigsten Thema,
vielleicht auch desshalb weil ich während des Traumes Angst hatte zu erwachen,
ich wollte schnell alles wissen:
"Rose, warum sagst Du, das anderen Frauen mit männlichem Genital keine Frauen wären für Dich ?"
Den präparierten Kaffee hatte sie bereits zur Hälfte getrunken.
"Jasmin, eine Frau, die sich kein Genital wünscht, dass zu ihr passt,
ihr kann ich nicht glauben, dass sie eine Frau ist, eher meine ich,
es handelt sich hier einfach um einen Fetisch."

"Aber vielleicht leiden diese Frauen auch, und haben sich irgendwie mit ihrem unpassenden Genital
arrangiert ? Ich meine, Du weißt ja auch selbst, wie Deine Vagina und Vulva entstanden ist,
und dass das Ergebnis nicht das ist, wie es bei einer Frau ist.
Musst Du Dich nicht auch arrangieren mit dieser Tatsache, mentale Arbeit leisten ?"
,erwiderte ich.

"Ja - aber wenn man nichts dafür tut, dass andere das auch sehen können, was man fühlt..."
Ich spürte dass sie jetzt etwas unsicherer wurde.

"Ja Rose, aber ist es denn der Grad der Bemühungen, den ich für andere leiste,
der mich erst zur Frau macht ? Du bestätigst damit, dass Verhalten eine Frau definiert,
Simone de Beauvoir wäre jetzt gerührt."

"Nein - natürlich ist das nicht so. Aber ich kann damit nicht leben,
schau, wenn andere sich als Frau bezeichnen, obwohl sie... da kann ja jeder kommen !"
Die Pille entfaltete langsam ihre Wirkung, sie hatte den Kaffee jetzt völlig ausgetrunken.

"Schau Rose, wir beide wissen doch, dass Du schon vorher Frau warst, vor der Operation,
dein Gehirn ist die treibende Kraft, die dich auch biologisch weiblich macht.
Wie möchtest Du es dann einem Wesen absprechen, weiblich zu sein,
nur weil es diesen Missstand auf andere Weise bewältigt hat ?"
Sie schaute mich nicht mehr an, stierte auf ihre leere Tasse nach unten.

"Jasmin, wenn ich diese Menschen als Frau bezeichne und voll akzeptieren könnte,
hätte ich es auch fertig gebracht, die Operation zu vermeiden, verstehst Du ?
Ich kann mich nur mit Operation harmonisieren, mich wohl fühlen,
wie soll ich es dann fertig bringen, diese Männer als Frauen anzuerkennen ?
Dann hätte ich auch mich akzeptieren können, mit männlichem Genital.
Es geht nicht. Wenn ich anfange daran zu denken, dass diese Männer auch Frauen sein solllen,
habe ich den gleichen Schmerz in mir, wie vor meiner Operation. Das sind Männer Jasmin."

Ich nahm ihre Hand und schaute sie an, sie wirkte verzweifelt.

"Schau, es ist doch dann so, wenn ich Deiner Logik folge,
dass Du Dich selbst vorher, vor der Operation auch als Mann dann gesehen haben musst.
Und die Operation Dich erst erlöst hat ? Ist es so ?
In Deinem Verständnis hast Du Dein Geschlecht für Dich gewechselt,
obwohl das eigentlich gar nicht geht, Dein Gehirn hat sich ja nicht geändert.
Du warst vorher schon Frau, genau wie jetzt, nach allen Änderungen und Maßnahmen.
Übrigens hast Du sehr schöne Augen, die können nur weiblich sein.", tröstete ich sie ein wenig.

"Ja - ich weiß - aber ich brauche diese Abgrenzung zu diesen Wesen,
sonst empfinde ich diesen Schmerz wieder" - sie musste sich zusammenreißen,
um ihre Fassung nicht zu verlieren.

"Aber Du musst doch wissen, dass Du dann diesen Wesen Schmerz bereitest,
genau den, den Du vor Deiner Operation empfunden hast ?" warf ich ihr vor.

"Ja - ich weiß es, aber ich bin zu schwach, ich muß es tun, damit ich nicht zerbreche".
Sie spielte nervös mit dem Kaffeelöffel.

"Ist es nicht schön, dass Dich diese Wesen voll akzeptieren können, und nicht diese Probleme
haben wie Du ?" erinnerte ich sie an die Akzeptanz, die sie bekommt aus diesen Reihen.

"Ja - das ist wunderbar". Sie schaute mich an, und ihr Blick forderte mich auf,
ihr Rat zu geben, was sie denn nun tun sollte.

"Schau Rose, ich kan nur eines für Dich tun, allen Menschen mitteilen, warum Du nichtoperierte Frauen
nicht akzeptieren kannst, damit diese nicht böse auf Dich sind.
Aber damit fertig werden, dass Du bei Ihnen hier und da Schmerz auslöst, damit musst Du selbst klarkommen.
Schaffst Du das ?" Ich wusste das sie ja sagen würde.

"Ja - ich wünsche ihnen, dass sie es so hinbekommen wie ich, auch ohne Operation, ihren eigenen Weg gehen können"

Gerade noch rechtzeitig, vor dem Erwachen konnte ich ihr noch einen Kuss auf die Wange geben und mich bedanken,
das war perfektes Timing, die Pille hätte auch nicht länger gewirkt.
Denn ich wolllte ja nicht im Schlaf noch hören müssen:
"Jasmin, schau, Du bist ein Mann, das ist doch nicht schlimm."



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