Isabell`s Cousine freute sich sehr auf Isabell,
sie hatten ihre Zusammenkunft schon seit Monaten geplant.
Ihr Zimmer war mäßig warm, die Petroleumlampe spendete mehr Schatten wie Licht.
Das Holz im Ofen glühte noch etwas, Holz zum Nachlegen hatte sie keines mehr.
Sie hätte über den Hof gehen müssen, aber es war im April noch kalt Nachts,
und sie wollte ihre warme Bettdecke nicht auskühlen lassen.
Auf ihrem Schoß lag aufgeschlagen "Lelia", von George Sand. Französisch konnte sie zwar nicht sprechen,
aber lesen, sie brachte es sich selbst bei, und war froh, dass sie so in den Genuß von Romanen kam,
die die Stimmung vor und während der Julirevolution in Frankreich vermittelten.
Sie hatte das Original von 1833, und war froh, nicht die bereits von der Autorin 6 Jahre später wieder
entschärfte Fassung lesen zu müssen. Sie laß wie im Rausch.
Sie liebte es, wenn eine Frau über eine Frau schreibt, die Männer aktiv liebte,
diejenigen sich nahm, die ihr gefielen, und sich nicht unterordnete, vielleicht auch Frauen begehrte.
Natürlich, dachte Sie, sie wünschte es sich herbei, und legte es einfach fest, sie liebte auch Frauen.
So selbstbestimmt wie sie war, so mutig, zu ihrer Zeit, kostete sie auch an diesen wundersamen Freuden,
die keine Freuden waren, das wäre zu einfach, es war ein Lebenselixier.
George wählte einen Männernamen als Pseudonym, und ihre Geschichten erzählte sie,
als wäre sie ein Mann. Auch im realen Leben trägt sie ab und an Männerkleidung und sprach von sich gerne auch
in der männlichen Form.
Maurice, so nannte sich Isabell's Cousine, hatte immer ihre Hand zwischen ihren Schenkeln,
während sie Bücher von George Sand laß. Sie kannte auch die beiden vorherigen, die sie genauso verschlang.
Geschlechtliche Revolutionen entfachten. Sie spürte, wie George litt, durch ihre Zeilen schimmerte die Sehnsucht,
frei zu sein, von den Erwartungen, sich zu verhalten, wie es von Frauen erwartet wurde.
Ja, sie war selbstbewußt, aber ihre Eisenkugeln an ihren Füßen sind ihn ihren Zeilen immer spürbar.
Diese prangerten an, versprühten Hoffnungen, sprachen Sehnsüchte aus, um dann wieder in Zweifel zu zerfallen.
Maurice streichelte sich wenn George hoffnungsvoll schrieb, wenn sie wieder in Selbstzweifel zerfiel,
wurden ihre Finger langsamer zwischen ihren Beinen, und sie spürte, wie ihre Erregung zurückging,
aber die Wärme derselben trotzdem in ihrem Körper blieb, sich darin zu verteilen schien, energetisch vorhanden blieb,
als ob es eine Energie wäre, die sofort wieder abrufbereit wäre, sollte sie wieder die Illusion bekommen,
die sie brauchte, um leben zu können.
Nein - sie will ihre Begierden nicht schamhaft verleugnen, wie es ihr seit ihrer Kindheit angetragen wurde, nein, nein, nein.
George ging öfter in Männerkleidung ins Theater, man sagt, damit sie unauffällig bleiben konnte,
auch um billige Plätze im Theater zu bekommen, auch gefiel ihr angeblich, dass Sie dann auch raus gehen konnte, wenn es regnet,
Abendkleider waren auch viel zu teuer für Sie. Nein, so ein Unsinn, Frédéric Chopin, den sie verehrte, zeigte sie sich
auch in Männerkleidung und Zigarre rauchend im Hause Franz Liszt`s, da regnete es sicher nicht durch das Dach.
Ja, träumte Maurice sich ihre Welt zurecht, Frédéric war zuerst von ihr brüskiert, aber sicher zog ihre Androgynität
ihn in ihren Bann, und sie war später mehr Liebschaft wie Trost für ihn. Vielleicht die leidenschaftlichste Liebe.
Bei diesen Gedanken stellte sie sich George und Frédéric küssend unter Palmen auf Mallorca vor.
George hielt ihn fester in ihren Armen, als er sie. Maurice wünschte und träumte:
George war für sie ein Mann, der liebte, was er mochte, Frauen und Männer, lieben, lieben, lieben.
Nur ihre offizielle soziale Rolle und ihr Genital war weiblich.
George hatte keine Angst vor dem Zuchthaus, wenn sie ihren Ehemann betrog. Was für eine Frau. Maurice stellt sich vor,
wie sie neben George im Theater sitzt, George wie immer in Männerkleidung, und sie ihn begleiten darf, als Dienstbotin, in ärmlicher Keidung.
Alle Gutsituierten schauen auf sie herab, aber sie ist die einzige, die George küssen darf, alle denken, sie sind ein Paar,
ein Paar, natürlich Frau und Mann, wie es sich im Biedermeierdenken gehört.
Im dunklen Theater schlüpft ihre Hand in Gedanken unter die Beinkleider von George, öffnet seine Hose und fühlt wie weich,
nass und warm es zwischen ihren Männerschenkeln ist.
Während sie dabei in ihrer Mansarde die Nässe an ihren Fingern spürt, kommt sie in die reale Welt zurück, sich bewusstmachend,
dass ihre Finger tief in ihrem Körper Einlass gefunden haben und ihr pulsierendes warmes Lustzentrum in Schaudern zusammenzuckt,
mehrmals, in regelmässigen Abständen, ohne dass sie Einfluss hätte, sebst bestimmen zu können, wann die Zuckungen sich beruhigen.
Die Petroleumlampe erlosch, es war dunkel, der Aprilmond des Jahres 1858 war schon hell.
Wie lange der Bauer sieh noch weiterhin kostenlos wohnen ließ? Sein Weib wird immer eifersüchtiger.
Ob Sie schon etwas bemerkt hatte? Heute kam er nicht.
Er hatte Besuch von seinem Bruder, sie spielten Karten.
Er konnte sich nicht aus seinem Ofenzimmer entfernen, ohne dass Bruder und Weib sich fragen würden, wo er blieb.
Meist kam er schnell zu ihr, wenn sein Weib die Tiere fütterte, versorgte. Er war nicht lange bei ihr.
Er legte sich kurz auf sie, und nach wenigen Bewegungen war alles vorbei.
Ja, es war schön, wenn er sie ausfüllte. Es fühlte sich gut an.
Trotzdem fehlte ihr etwas, sie sehnte sich Brüste zu liebkosen und ihre Hände streichelten gerne zarte Haut,
sie wollte Stöhnen hören, das von einer hohen Frequenz war, wie es nur von Frauen erzeugt werden konnte.
Sie will Frauen lieben, wie es Männer tun, in sie eindringen, sie stossen, sie zum Orgasmus führen, sie hörig machen.
Maurice wusste, dass der Bauer sie abgöttisch begehrte, sein Weib gewährte ihm keine Nähe mehr zu ihr. Sie stritten.
Er gehörte nicht zu den Männern, die desshalb ihre Frauen schlagen, vergewaltigen.
Er war in sich versunken, lenkte sich mit der Arbeit ab. Seit er Maurice in seiner Mansardenwohnung aufgenommen hatte,
begann ein Frühling für ihn. Mit 62 Jahren flammte seine Jugend neu auf.
Er wußte, dass jeder Stoss, den er ihr zwischen ihre vollen, runden, wundervollen Schenkel gab,
das einzige glückselige war, was ihm noch etwas bedeutete.
Sein Glück überschwemmte jedesmal Maurice`s Bauch, so wunderschön war es.
Maurice dachte über Männer nach, nein, meist hatte sie Mitleid, lies sich nehmen, sie sorgte dafür,
dass die Nässe auf ihrem Bauch landete, Kinder wollte sie nicht, nein - sie wollte leben, kein Leben schenken,
sie schenkte Liebe sagte sie sich immer, das ist doch auch wichtig. Alle die sie lieben wollen, dürfen sie lieben.
Sie nahm sich das Recht als Gegenzug, diesen Liebenden es gleich zu tun, indem sie genauso alles liebte, was sie wirklich liebte,
nicht der spiessigen Gesellschaft entsprechen wollte, Frauen liebte, wie sie Isabell schon in jungen Jahren beichtete.
Frauen zu lieben, war für sie die Erfüllung.
Dies zu verleugnen, und ein spiessiges Leben zu führen, würde bedeuten, die Hure einer Gesellschaft zu sein,
die ihr dann zum Dank ihre Anerkennung schenken würde, auf die sie gerne verzichtete.
Auch wenn ihr Magen das oft nicht verstand, und wenn er leer war, was oft vorkam, fragte, warum das so sein muss.
War George auch so wie sie? Liebte sie auch Frauen in ihrer Männerkleidung?
Sie hoffte es, wünschte es sich herbei, dann schlief sie ein, während der Ofen erkaltete und dabei knackte,
weil er seine letzte Wärme gegen die kalte Luft der Arpilnacht eintauschen musste.
"The fruit vendor"
1917
John William Godward
Bildlinzenz: Public Domain
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1.2.31 Die wärmende innere Flamme von Maurice
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